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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 6
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Schmidt, Paul Ferdinand: Die dritte Ausstellung der Künstlerkolonie in Darmstadt 1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0231
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Abb. 1. Bernhard Hoetger und Albin Müller: Eingang zur Ausstellung.

Die dritte Ausstellung der Künstlerkolonie in Darmstadt 1914,

it größerer Entschiedenheit als die von 1908
betont die dritte Ausstellung der Darm-
städter Künstlerkolonie die eigentümlichen
Momente der ersten Kunstschau von 1901: das aus-
schließliche Vorherrschen der Künstler von der Mathil-
denhöhe und das Ausammenarbeiten aller Künste zu
einheitlichen, vor allem architektonischen Wirkungen.
Ausstellungsraume für Malerei und Plastik gibt es
kaum; nur in einem Saal vereinigen sich Hans Pellar
mit Gemälden und Heinrich Jobst mit Skulpturen
zu einer streng dekorativen Wirkung. Jm übrigen
finden sich Gemälde, auch von Fritz Oßwald, dem
jünsten Mitgliede der Kolonie, nur als Wandschmuck
in den Aimmern verteilt, die von den Architekten ein-
gerichtet sind. Und es dominiert in Darmstadt durch-
weg die gebundene Kunst: Außen- und Jnnenarchitek-
tur und monumentale Plastik.

Der Eindruck der Mathildenhöhe mit ihren herrlichen
großen Bäumen, den stillen Privatgärten und Land-
häusern, den Werkstätten der Künstler auf der Höhe,
überragt von dem sast erotisch kühnen Wahrzeichen
des Hochzeitsturmes, wird immer ein höchst liebens-
würdiger, weltentrückter, zu allerlei guten Dingen und
Gedanken einladender sein. Eine Ausstellung darin
kann nicht anders, als sich diesem Charakter einsügen;
kann Ausätze und Erweiterungen des architektonischen
Schmuckes in diesen Park bringen, die sich in Farbe und
Umriß dem Alteren anschließen; rein Ausstellungs-
mäßiges, bloß Dekoratives würde leicht stören. Und
so sind auch in der Tat von jeder Ausstellung her Bauten
und Skulpturen geblieben, als eine lebendig gegen-
wärtige Geschichte der Mathildenhöhe; 1914 wird ihnen
vor allem den Skulpturenschmuck des Platanenhains,
den großen Brunnen und die Miethausgruppe am

Olbrichweg hinzufügen, die auch als Ausstellungsobjekte
das künstlerisch Gewichtigste darstellen. Daneben zeigen
sich eine Reihe verstreuter kleiner Bauten im Freien
und die Prunkräume in dem (von Olbrich erbauten)
städtischen Ausstellungsgebaude.

Monumentalen Geist atmet sogleich das Eingangs-
portal von Albin Müller, sechs jonische Doppelsäulen
mit sechs Löwen von Hoetger auf den Kapitellen
und großen Schiebetoren, die getriebene Reiterreliefs
von Hoetger tragen. Es ist nicht durchweg gelungen,
wie der Monumentalbrunnen, dessen rechteckiges Becken
Müller unmittelbar hinter dem Tor gegen die Russische
Kapelle in den ansteigenden Boden gesenkt hat, mit
schweren Säulen im Hintergrunde; aber es bereitet
würdig auf das Kommende vor, das sich nun links in
Gestalt des Platanenhains mit seinen reichen Skulp-
turen von Hoetger in einem Trakt hinzieht, der auf
das Restaurant von Margold, den Hochzeitsturm und
jenseits von diesen auf die abschließende Miethausgruppe
von Albin Müller führt.

Margold hat in den Restaurationskompler ein
Muster ausgestellt, wie man dergleichen Aufgaben vor-
nehm und mit Geschmack behandeln kann. Aur Linken
das Restaurant mit seinen Arkaden, rechts das Cafs,
eine schlicht- anmutige offene Pfeilerhalle, und dazwischen
als Hintergrund des ganzen Platanenhains einen
Musiktempel mit verlängerten Flügeln, als Rückwand
der dahinter liegenden hohen Terrasse. Das Restaurant
selbst ist im Jnnern als hoher weißer Saal gebildet,
den vorzugsweise hochliegende Fenster erhellen, mit sehr
sarbigen Stoffen in den Kojen und Polsterbänken
der Rückwand, schwarzen und grünen Kokosmatten
als Bodenbelag und einigen starken Ornamenten von
großem Format, die das Weiß der Oberwände beleben.

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