Nodo von Niederhausem.
Selbstbildnis.
Rodo von Niederhäusern.
Geboren am 2. April l86Z, gestorben am 2Z. Mai I9IZ.
n der Schweizerischen Landesausstellung zu Bern, die nachstehend im Einzelncn gewürdigl wirch gab es ein
künstlcrisches EreigniS ersten Rangcö: die Nachlaß-AuSstellung des Bildhauers Rodo von Niederhäusern,
dcr am 2Z. Mai I9lZ als Fünszigjähriger starb. Jn der schmalen Mittelhalle deö Kunstgebäudes nicht
geradc günstig aufgestellt, mögen die achtundfünfzig Nummern seineS Werkes dcm flüchtigen Besucher kaum
ihren Wert offenbart haben, wessen Auge aber geschult war, Bildhauerarbeit zu schätzen, der mußte von diesen
Arbeiten wie von einer ungewöhnlich leidenschaftlichen Musik hingerissen werden.
Der Krieg hat zwar die Tore der Berner Ausstellung sür die Schweizer nicht geschlossen, für uns Deutsche
wird sie nun meist eine Zeitschriftenkunde bleiben; das ist um deö Gesamteindrucks und vieler Einzeldinge willen
schade: im Falle Niederhäusern ist es ein Verlust. Nicht nur, weil man fürs erste nicht noch einmal eine so
vollständige Sammlung seiner Werke sehen wird, sondern mehr, weil diese Werke nun wohl überhaupt dem ger-
manischen Kunstbezirk verloren gehen, in den sie nach der Rasse ihres Schöpfers gehören. Niederhäusern war
von Herkunft Berner, wer daran zweifelt, möge dcn prachtvollen Kops seincr eigenen Büste ansehen; aber er hat
in Paris gelcrnt und gcarbeitet, dort hat er bedeutende Frcunde und ehrende Beachtung gcsunden, während man
in Deutschland kaum mehr als seinen sonderbaren Namen wußte, und auch in der Schweiz die überragendc Be-
deutung dieses Künstlers nicht srüh genug erkannte, um die Hand auf seine Werke zu legen. Kein einziges Denk-
mal seiner Heimat wurde ihm übertragen, obwohl er sich bei allen größeren Aufgaben bewarb, und selbst der
letzte Versuch, gelegentlich dieser Nachlaß-Ausstellung mit dem „Jeremias" ein monumentales Werk seiner Hand
in die Schweiz zu bringen, scheint gescheitert. So wird alles nach Paris zurückwandern, wo seine Witwe, eine
Französin, die Erbschast verwaltet. Daß er in seiner Heimat so wenig Fuß zu fassen vermochte, ist auch insosern
aufsällig, als er ihr persönlich durchaus nicht untreu geworden war und viel in Bern weilte. Er war eben, als
er ftarb — wie man das nennt — noch nicht durch; es galt noch nicht, sich einer Weltberühmtheit zu versichern:
bis man es allgemein einsehen wird, daß die Schweiz an ihm ihren einzigen Bildhauer von absolutem Rang
verlor, wird es zu spät sein, sich seine Hauptwerke zu sichern.
Umsomehr scheint eö unsere Pflicht alö einer Zeitschrist, zu deren Wirkungsgebiet auch die Schweiz gehört,
seinem Gedächtnis zu dienen; die nachfolgenden Bemerkungen seines Freundes C. A. Loosli sollen den Umriß
seines Lebenslaufeö und seiner Künstlerpersönlichkeit andeuten; sie werden dem, der den Künstler kannte, willkommen
sein, im übrigen mögen sie sür die Klmftgeschichte cin crsteö Material darstellen. S.
* *
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zoz
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Selbstbildnis.
Rodo von Niederhäusern.
Geboren am 2. April l86Z, gestorben am 2Z. Mai I9IZ.
n der Schweizerischen Landesausstellung zu Bern, die nachstehend im Einzelncn gewürdigl wirch gab es ein
künstlcrisches EreigniS ersten Rangcö: die Nachlaß-AuSstellung des Bildhauers Rodo von Niederhäusern,
dcr am 2Z. Mai I9lZ als Fünszigjähriger starb. Jn der schmalen Mittelhalle deö Kunstgebäudes nicht
geradc günstig aufgestellt, mögen die achtundfünfzig Nummern seineS Werkes dcm flüchtigen Besucher kaum
ihren Wert offenbart haben, wessen Auge aber geschult war, Bildhauerarbeit zu schätzen, der mußte von diesen
Arbeiten wie von einer ungewöhnlich leidenschaftlichen Musik hingerissen werden.
Der Krieg hat zwar die Tore der Berner Ausstellung sür die Schweizer nicht geschlossen, für uns Deutsche
wird sie nun meist eine Zeitschriftenkunde bleiben; das ist um deö Gesamteindrucks und vieler Einzeldinge willen
schade: im Falle Niederhäusern ist es ein Verlust. Nicht nur, weil man fürs erste nicht noch einmal eine so
vollständige Sammlung seiner Werke sehen wird, sondern mehr, weil diese Werke nun wohl überhaupt dem ger-
manischen Kunstbezirk verloren gehen, in den sie nach der Rasse ihres Schöpfers gehören. Niederhäusern war
von Herkunft Berner, wer daran zweifelt, möge dcn prachtvollen Kops seincr eigenen Büste ansehen; aber er hat
in Paris gelcrnt und gcarbeitet, dort hat er bedeutende Frcunde und ehrende Beachtung gcsunden, während man
in Deutschland kaum mehr als seinen sonderbaren Namen wußte, und auch in der Schweiz die überragendc Be-
deutung dieses Künstlers nicht srüh genug erkannte, um die Hand auf seine Werke zu legen. Kein einziges Denk-
mal seiner Heimat wurde ihm übertragen, obwohl er sich bei allen größeren Aufgaben bewarb, und selbst der
letzte Versuch, gelegentlich dieser Nachlaß-Ausstellung mit dem „Jeremias" ein monumentales Werk seiner Hand
in die Schweiz zu bringen, scheint gescheitert. So wird alles nach Paris zurückwandern, wo seine Witwe, eine
Französin, die Erbschast verwaltet. Daß er in seiner Heimat so wenig Fuß zu fassen vermochte, ist auch insosern
aufsällig, als er ihr persönlich durchaus nicht untreu geworden war und viel in Bern weilte. Er war eben, als
er ftarb — wie man das nennt — noch nicht durch; es galt noch nicht, sich einer Weltberühmtheit zu versichern:
bis man es allgemein einsehen wird, daß die Schweiz an ihm ihren einzigen Bildhauer von absolutem Rang
verlor, wird es zu spät sein, sich seine Hauptwerke zu sichern.
Umsomehr scheint eö unsere Pflicht alö einer Zeitschrist, zu deren Wirkungsgebiet auch die Schweiz gehört,
seinem Gedächtnis zu dienen; die nachfolgenden Bemerkungen seines Freundes C. A. Loosli sollen den Umriß
seines Lebenslaufeö und seiner Künstlerpersönlichkeit andeuten; sie werden dem, der den Künstler kannte, willkommen
sein, im übrigen mögen sie sür die Klmftgeschichte cin crsteö Material darstellen. S.
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