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Rinne, Christoph
Odagsen und Großenrode, Ldkr. Northeim: jungsteinzeitliche Kollektivgräber im südlichen Leinetal — Rahden/​Westf.: Leidorf, 2003

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.67240#0053
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Christoph Rinne - Odagsen und Großenrode

lig der sogenannten ,Kümmerkeramik“zuzuweisen und
betont die Gefäßkombination von einem Becher mit
einem kleinen Napf oder einem schalenförmigen Gefäß
in endneolithischen Gräbern (Strahl 1990, 26). Der
Becher Gef. 146 kann mit einem frühbronzezeitlichen
Kümmerbecher aus einem Grabhügel bei Habbrügge,
Ldkr. Oldenburg, verglichen werden, in dem eine späte
Verwandtschaft zu den endneolithischen Standfußbe-
chern zum Ausdruck kommen soll (Steffens 1979, 107
Abb. 9,5). Ein weiterer Fund ist aus der unmittelbaren
Nachbarschaft von Odagsen anzuführen. Aus einer Gru-
be (B3/7) westlich von Einbeck stammt ein kleiner Be-
cher, der über die vergesellschafteten Funde gleichfalls
der Bronzezeit zuzuweisen ist (Werben 1996, 39; Taf.
32,9.10). Der Becher ist vermutlich in den hier umrisse-
nen endneolithischen bis bronzezeitlichen Kontext zu
stellen.
Auffällig ist die Fundlage der Schale Gef. 250, von der
ein großes Fragment von 27 g beinahe 12 m nordöstlich
des Sandsteinmonolithen gefunden wurde. Ein zweites
Fragment von 9 g stammt als Streufund aus dem Schnitt
10 und somit aus der näheren Umgebung. Eine Interpre-
tation als Nachbestattung im Hügel ist demnach nicht
möglich, sondern es ist wohl eher von einer dem Hügel
benachbarten Bestattung auszugehen.
Anders zeigt sich die Verteilung der zahlreichen Frag-
mente der Tasse Gef. 26. Sie befanden sich fast aus-
schließlich im Eingangsbereich, unmittelbar südwestlich
des Monolithen, in den Straten 1 bis 4. Lediglich ein
Fragment, das an ein Fragment im Eingang angepasst
werden kann, lag nahezu 6 m nördlich in einer Grube am
nördlichen Rand des Schnittes 5. Es ist naheliegend, in
der Tasse die Reste einer Nachbestattung zu vermuten,
wobei unklar ist, wann dieser Befund gestört wurde und
ein Fragment so weit nach Norden, in eine andere Grube,
verlagert werden konnte.
Die Funde, die am ehesten als Beigaben von zerstörten
Bestattungen zu interpretieren sind, weisen eine deutli-
che Verbindung zum mitteldeutschen Raum auf.
Zugleich scheint sich in der räumlichen Nähe der Aunje-
titzer Tasse zu den endneolithischen Nachbestattungen
am Sandsteinmonolithen auch eine Verbindung vom
Endneolithikum zur Frühbronzezeit anzudeuten, wie sie
allgemein angenommen wird (vgl. Neubert 1994, 295
f.). Eine vergleichbare räumliche Nähe weisen zwei
Gräber in der frühbandkeramischen Siedlung von Eit-
zum, Ldkr. Wolfenbüttel, auf. Grab I barg einen Meto-
penbecher der Glockenbecherkultur und einen grobke-
ramischen Napf, Grab II einen Becher der Aunjetitzer
Kultur (Schwarz-Mackensen 1985, 48; Taf. 32.2-4).
Nachbestattungen der Aunjetitzer Kultur sind in neolit-
hischen Hügeln zahlreich belegt (Fischer 1956, 171),
dabei spricht jedoch die unterschiedliche Ausrichtung
der Toten gegen eine Verwandtschaft von Schnurkera-
mik und Aunjetitzer Kultur (Fischer 1956, 215). Als

Bezugspunkt für die endneolithischen und frühbronze-
zeitlichen Aktivitäten am Kollektivgrab von Odagsen,
kann vor allem das von Müller angeführte Moment des
,jnarkanten Ortes“, hier der Sandstein monolith am Hü-
gelrand, angeführt werden (D.W. Müller 1989, 287).
2.3.5 Jüngerbronzezeitliche bis eisenzeitliche
Keramik
Die nachfolgend zu behandelnde Keramik weist bereits
einen deutlichen zeitlichen Abstand zur Grabnutzung
von rund zwei Jahrtausenden auf. In dieser Zeit hat si-
cherlich eine Veränderung der Grabhügelreste auf der
Anhöhe des Großen Horsts und vermutlich auch der
umliegenden Landschaft stattgefunden. Innerhalb dieses
Kapitels sind anhand der Keramik zwei Zäsuren zu set-
zen, da zwei Gefäße wohl der jüngeren Bronzezeit (Ha
A2/B1) zuzuweisen sind, während für die anderen Ge-
fäßreste überwiegend jüngere Bronze- oder älteren vor-
römischen Eisenzeit aber auch mittellatenezeitliche Ver-
gleiche angeführt werden können.
Die große Terrine (Gef. 39; Taf. 43) zeichnet sich durch
eine mittlere Magerung mit feinem Sand, Quarz und
Sandstein aus. Die einzelnen Fragmente sind hellbeige,
orangerot bis braunschwarz, wobei letztere Farbe über-
wiegt. Trotz der 66 Fragmente mit über 500 g Gewicht
lässt sich das Profil nicht vervollständigen. Boden- Um-
bruch- und Randscherben erlauben jedoch eine Rekon-
struktion, bei der die Proportion vom Oberteil zum Un-
terteil nur geschätzt werden kann. Für die Terrine lassen
sich mehrere Vergleiche anführen. Es ist dies u.a. eine
Urne aus dem Grabhügel U6 der Grabhügelgruppe ,ß o-
tanischer Garten“in Marburg, die der,Marburger Gru p-
pe“der mittleren Urnenfelderzeit (Ha A2/B1) zuzuwe i-
senist (Dobiat 1994, 154; Taf. 26,1). Mehrere Verglei-
che können zudem aus den Landkreisen Osnabrück und
Warendorf angeführt werden. Es sind dies eine Urne der
jüngeren Bronzezeit aus Glane-Visbeck bei Bad Iburg
(Schlüter 1980, Abb. 9,1) und mehrere Terrinen vom
Kreisgrabenfriedhof bei Telgte (Wilhelmi 1981, Taf.
4,F30; 12,F354; 14,F379; 20,F61). Bei Letzteren handelt
es sich um Kegelhalsterrinen, Urnen der Form B, die in
zahlreichen Gräbern vertreten sind (Wilhelmi 1981,75;
Beilage 7). Ein Vergleich bietet sich auch für zwei l4C-
Daten von dem Kreisgrabenfriedhof von Telgte und
einem Datum aus Odagsen an (Abb. 16). Ein Datum
(Hv-2372: 3110±l 15 BP) stammt vermutlich aus dem
Schlüssellochgrab VIII, das nur eine gehenkelte Schale
enthielt, ein weiteres (Hv-2371: 3015+80 BP) aus dem
benachbarten und fundfreien Schlüssellochgrab XVII
(für die Probe Hv-2372 liegen widersprüchliche Anga-
ben vor; Wilhelmi 1981,91; 104 VII; VIII; 105 XVII).
Beide Daten lassen sich gut mit der Probe aus der Stö-
rung der südlichen Kammerwand (Bef. 31) vergleichen
(KN-4244 3020+60 BP).
 
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