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Freiligrath, Ferdinand [Editor]
Rheinisches Jahrbuch für Kunst und Poesie — 1.1840

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Matzerath, Christian Josef: Irrungen der Liebe
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https://doi.org/10.11588/diglit.19846#0019
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ziehend auf ullen. Robert dagegen sah cmpor, wo auf den
Höhen das Abendroth durch die halbverwitterten Bogen
der Ruinen brach, und ein triumphirendes Frohlocken flat-
terte durch seine Züge. Wo seid ihr — rief er aus —,
ihr Gewaltigen der Ecde? ihr kühnen Ritter, denen der
Krämer zollen und der Bauer pflügen gemußt, ihr alten
Geschlechter, deren Name sich glocreich mit dcn größtcn
Erinnerungen der Deutschen vcrwob, deren Ursprung in
das graue Alterthum der fränkischen Heldenzeit zurück-
weicht? Becweht und vergcssen wie das Laub dcs letzten
Herbstes! Eure Thaten sind vercauscht, euer Erbe zer-
stört, eure Wappen zcrbrochen; durch die Höfe eurer
Schlösser geht der Pflug; nicht einmal eure Namen mehr
leben im Munde des Volkes, bloß der Gelehrte liest si'e
kümmerlich aus den morschcn Buchstaben alter Urkundcn
zusammen. Denn eines Volkes Gedächtniß wohnt nicht
in seinem Kopfe, sondcrn in seinem Herzen; es kennt nur,
die es liebt. Euch hat es nicht geliebt. Von jenen Höhen
saht ihc übermüthig in das unterwürsige Land, euch zehn-
tete Wassec und Erde, Berg und Thal; mit dcm Schwciß
des Bauers kittetet ihr die Basaltquadern eurer Hallen
und durftet wähnen, st'e seien für die Ewigkeit gerichtet.
Und die Zeit war doch mächtiger, als ihr; da euer Schick-
sal erfüllt war, blies si'e diese Quadern mit eincm Hauche
ihres Mundes weg wie Spinnweb, und die Geschichtc
trug lächelnd ihren Stuhl von den Höhen in die sonni-
gen Ebenen nieder, wo in nachbarlichem Wetteifer die
tausend Kräfte und Künste des Lebens ihre fröhlichcn
Spiele üben. Nur noch die Trümmer alter Pracht trä'u-
 
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