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der wie ein Verrath an dcr Würde dieser hvchsten sitt-
lichen Ordnung erschiene. Gleichhcit der Charaktere setzt
die Ehe nicht voraus, wohl aber Gleichheit der Gesinnun-
gen und nach vielen Seiten hin auch Gleichheit dcr Ue-
berzeugung.

Und hier ist ein Scheideweg in der Bildung zwischen
Mannern und Frauen. Beim Volke selbst stellen stch diese
Verhältnisse schön und einfach: der Gesichtskreis des Man-
nes ist nicht viel weiter, als der des Weibes; sie stehen
auf derselben Erde und hoffen auf den gleichen Himmel.
Dagegen der Mann der Bildung, das Gcschlecht, von
welchem die Geschichte ihre Fortbewegung erhält, geht
eine andere Schule. Wir nchmen die Thatsachen zweier
geschlossencn Weltalter in einem bloßen Bildungsinteresse
in uns auf, ohne daß sie uns weiter verpflichten. Viel-
mehr ist das die erste That des mündigen Geistes, daß er
die Gesetze seines Lebens nicht in dcn Satzungen der Vor-
wclt, sondern in den Offenbarungen vernimmt, wie sie
die fortgeschrittene Vernunft der Jahrhunderte vermittelt.
Dagegen das Weib, das innigste Kind der Gegenwart,
wird fortdauernd auf den alten Stoff der Geschichte ver-
pflichtet. Die Folge ist klar: wir verstehen uns nicht
mehr.

Die Bildung unferer Frauen ist eine Schule des fei-
nen geselligen Styls; wenn es hoch kommt, ein eitler
Dilettantismus. Was die Manner des Jahrhunderts im
Jnnersten bewegt, davon kommt ihnen keine Ahnung;
unsern Ernst und unsern Stolz, unsern Iorn und unser
Herzweh begreifcn sic nicht mehr. Daher gehen dieMän-
 
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