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Rodenberg, Julius
Paris bei Sonnenschein und Lampenlicht: ein Skizzenbuch zur Weltausstellung — Leipzig, 1867 (2. Aufl.)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1385#0152
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144 V. Das Paris der Armen und Elenden.

Dis Polizeimacht von PariS zerfällt in zwei große Corps,
dis administrative (ZsrZsnto äo ville) und die gerichtliche,
mit zusammen ungefähr 9000 Mannschaften. An der Spitze
decselben steht der Polizeipräfect (gegenwärtig Herr Pie'tri,
Nachfolger des zum Senator ernannten Herrn Boitelle), welcher
von dem Ministerium des Jnnern reffortirt. Früher, in der
Zeit des ersten Kaiserreichs, gab es einen eigenen Polizei-
minister Wer kennt nicht den mit einer blutigen Glorie um-
gsbenen Namen Fouche's? Als gute Polizeiseele dients er
zuerst der Revolution, dann dem Kaiser, der ihn zum Herzog
von Otranto machte, dann den Verbündeten, dann noch einmal
während der Hundert Tage dem Kaiser und zuletzt Lndwig XVIII.,
welcher ihn zur Belohnung seiner mannichfaltigen Verdienste
als Gesandten — nach Dresden schickte. Endlich fiel er doch
in Ungnade und starb 1820 in jenem Lande der Exilirten, in
Oesterreich, zu Triest.

Aus der Hand Fouche's erhielt die geheime Polizei („lu
fiants" oder „In ssersts polies") ihre erste Form. Die
Spionage ward damals in einem kaum glaublichen Umfang
getrieben, und zwar meist in den höchsten Cirkeln der Gesell-
schaft, da Fouche die geheime Polizei namentlich zu politischsn
Zwecken brauchte. Die Salons waren damals gefüllt mit
bezahlten Werkzeugen der „Imuts xolies" und noble Damen
standen im Solde von Fouche. Ein Baron, Träger eines der
stolzesten Namen von Frankreich, war mehr als verdächtig, ein
Spion zu sein, und die Gäste einer gewiffen Gräfin weigerten
fich, ihren Soireen länger beizuwohnen, wenn dieser Baron zu
denselben Zutritt habe. Eines Abends, als er angemeldet
wird, tritt die Gräfin ihm entgegen und wünscht ihn allein
zu sprechen. „Jst es nicht unverantwortlich von Jhnen,
mein Herr, diesen Salon zu betreten, behaftet mit dem Makel,
ein Spion zu sein?" — „Ah, meine schöne Gräfin", erwidert
der Baron, „es ist wahr, daß ich von der Polizei bezahlt
werde; aber es ist ebenso wahr, daß an dem Tage, wo ich
mein letztcs Honorar empfing, auch Jhnen, Frau Gräfin, das
Jhre behändigt worden ist! . .

Es ist bemerkenswerth, daß Napoleon, um vor seinem eige-
nen Polizeiminister sicher zu sein, eine Privat- oder sogenannte
 
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