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Rodenberg, Julius
Paris bei Sonnenschein und Lampenlicht: ein Skizzenbuch zur Weltausstellung — Leipzig, 1867 (2. Aufl.)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1385#0217
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Von Eugene Laur.

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das ist nicht zu übersehen. 61-äsvant Fräulein Aurora Dupin,
welche gewähnt, durch Leben und Schriften soviel für die Eman-
cipation der Frauen gethan zu haben, hat gerade den schla-
gendsten Beweis geliefert, daß die Rechte der beiden Geschlechter
niemals werden dieselben sein können, solange die Civilisation
nicht zurückschreitet. Der begabteste Mann, wenn er nnr die
Hälfte soviel gegen die Mannesehre gefrevelt hätte, wie George
Sand gegen die Ehre der Frau: er wäre perhorrescirt von
aller Welt, nicht aber, wie die Marquise Dudevant, Gegenstand
der allgemeinen Bewunderung und mit einem gewissen Nim-
bus umkleidet, sodaß, was auf das Leben der grvßen Schrift-
stellerin Bezug hat, wie offen dieses auch dazuliegen scheint,
mit wahrer Begierde erfaßt wird. Und wo von ihr die Rede
ist, fällt gewiß die Frage: Wer war wol ihr erster Geliebter?
Boshafte Zungen erwidern darauf: Illls n'sn a gamais su äs
xrswisr. Komisch genug ist, daß jeder noch einen frühern
zu kennen glaubt, bis man bei einem jungen Offtzier anhält,
der, von einem Freunde begleitet, des Nachts bis zu der
Mauer ihres Parks reitet, dort vom Pferde springt, überklet-
tert und . . . doch wir schreiben keine obronigns soanäaleus«.
Aber wenn sie keinen ersten Geliebten hatte, wer war der letzte?
Hierauf genügen drei Worte: Sie lebt noch. Sie wohnt auf
ihrem Schloffe Nohant, wo in diesem Augenblick Gustave
Flaubert, Verfaffer der „Lnlammbä" dauernd verweilt, nach-
dem er durch den ebengenannten Roman seine Vorliebe für
Alterthümer und Ruinen gezeigt hat.

George Sand ist jetzt bei ihrer vierten oder fünften Epoche
oder Manier angelangt. Mit den Schriften der ersten —
„luäiaua", „Valsutius", „äaeguss", „I.slia", „I,sous I,soui"
u. s. w. — schien es ihr darauf anzukommen, ihre persönlichen
Ansichten über die Ebe populär zu machen, indem sie die Mängel
dieser Einrichtung aufzeigte und im voraus alle Schwächen und
Fehltritte der Frauen entschuldigte; Lie armen Frauen sind ihr
die unschuldigen Opfer der Gesellschaft. Aus der glühenden
Atmosphäre, in welcher diese verschiedenen Magdalenen athmetsn,
führen „Iws maltrss sonusurs", „la murs au äiabls", „I,s ps-
tits I'aävtts", „b'rau^ois Is vbaiiPs" in die frische Kühle der
Jdylle, und hier entfaltet George Sand eine Wahrheit und Klar-

Rodenberg, Paris.

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