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XI. Pariser Sommerbälle.

die dimkeln Baumpartien des Hintergrundes sich efsectvoll ab-
heben. Vergoldete Bronzecandelaber, „Marmorbassins, die im
Widerschein von tausend Lichtern schimmern und im Blumen-
flor prangen" — um mit meinem emphatischen Reiseführer zu
reden —, vervollständigen denZauber auf pittoreske Weise, wäh-
rend ein Schneckenweg zu einer künstlichen Tropfsteingrotte lei-
tet, die von frischen Quellenbächen durchrieselt, durch bengalische
Flammen mysteriös erleuchtet und in magischem Halbdunkel
gehalten wird. Rechterhand aber gewahrt man zum Schutz
für die Launen der Witterung einen prächtigen, weiten Saal,
der mit rothem Seidendamast ausgeschlagen und mit großen
Spiegeln in arabeskenartigen Goldrahmen gleichsam tapeziert ist.
Daneben findet sich ein „Cafe-Divan" in maurischem Stil und
mit einer leichtüberdachten Terrasie, während chinesische Billards,
Schießstände, Ringspiele und Kraftmesser, im Garten rings
verstreut, den Liebhabern solcher Dinge reiche Abwechselung der
Genüffe darbieten.

Für Gesicht, Gehör, Geschmack und selbst Geruch ist also
hinreichend gesorgt, — bleibt noch das Herz zu befriedigen.
Aber wehs dem Romantiker, der nach Mabille kommt, um
Herzen zu suchen!

Das weibliche Publikum des Bal-Mabille rekrutirt sich zu-
meist aus jenem Theil der Halbwelt, der überhaupt kein Herz
mehr hat, oder nie ein anderes gehabt hat als jenes „Mar-
morherz", nach welchem weiland, vor der Erfindung der
„Demi-Monde", die hier versammelten Damen genannt wurden.
Sie repräsentiren in ihren luxusstrahlenden Gewändern nach
neuester, aber immer excentrischer Mode, so banal das Wort
auch klingen mag, nichts als das vergoldete Elend. Auch ist
durch sie der Ball Mabille um seine eigentliche Bestimmung
gekommen. Es wird wenig mehr dort getanzt. Am meisten
noch Donnerstags, dem Elitetage, wo neben den Stammgästen
weiblichen Geschlechts auch noch viele jener höhern Wesen der
Halbwelt erscheinen, die als „keounss elitretonnss" augen-
blickliches Eigenthum eines einzelnen sind, der gewöhnlich eine
rührende Unwiffenheit zur Schau trägt, wenn man ihm das
Geschick Menelaus' ins Gedächtniß ruft, ja, der selbst mit
stoischem Gleichmuth in der Helena-Quadrille das „xars xonr
 
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