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Rodenwaldt, Gerhart
Archäologisches Institut des Deutschen Reiches: 1829-1929 — Berlin, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.28868#0015
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schen Wissenscliaft anzutreten. Neben Winckelmann und Hum-
boldt wurde zum Genius dieses Kreises Goetbe, dessen persön-
bcbe Bekanntschaft Gerbard 1822 bei einem Besuche in Weimar
zum beglückenden Erlebnis wurde.

Innerhalb dieses großen Kreises schloß sicb Gerbard in den
Wintern von 1824-26 mit Otto Magnus v. Stackelberg, August
Kestner und dem „jugendlich-regsamen“ Tbeodor Panofka zu
einem naben Freundesbunde zusammen, der die Keimzelle des
Instituts werden sollte. Die nordischen Freunde, die neben der
Lektüre des Pausanias den Text zum phigalischen Apollotempel
berieten, erbielten den Namen der römiscben Hyperboreer, und
Stackelberg gab der Gemeinschaft ein Symbol, indem er den
hyperboreischen Greifen mit der römiscben Wölfin zu einer Vi-
gnette vereinigte 2). In den vertrauten Gespräcben dieses Bundes
reiften die Gedanken und Pläne, denen sicb Gerbard alsbald auf
römiscbem Boden zugewandt batte.

Was ihn umwandelte, war nicbt das künstlerische Erlebnis.
Das feinste Empfinden für antike Kunst besaßen in dieser Epoche
die Künstler, während das Verbältnis der Gelebrten zur Antike
durch die literarisch-historische Einstellung beberrscbt wurde und
die Kunstfreunde die romantische Stimmung genossen. Als Ge-
lebrter bat Gerhard keine neuen Bahnen eingeschlagen. Aber der
überwältigende Eindruck der unabsehbaren und sicb täglicb ver-
mebrenden Fülle der Denkmäler der antiken Kunst und Kultur
weckte in ibm den Organisator und Systematiker. Er erkannte,
daß aller Fortschritt der arcbäologiscben Wissenscbaft von der
guten und umfassenden Veröffentlichung der erhaltenen Monu-
mente abhängig sei. Zugleich war es ihm selbstverständlich, daß
die Archäologie nicbt nur die Schöpfungen der Kunst, sondern als
„monumentale Philologie“, wie er sie später bezeichnete, sämt-
liche erhaltenen Objekte antiker Kultur zum Gegenstande habe.

„Wenn je“, so schreibt Otto Jahn, „ein Mann durch nie nach-
lassende Willenskraft, durch eine auf strengster Ordnung und
raffinierter Benutzung aller Hilfsmittel beruhende unermüdliche
Tätigkeit den drückendsten Hindernissen große Arbeiten und
Leistungen abgerungen hat, so ist dies von Gerhard zu rühmen.
Mit zäher Energie, der er seine große Arbeitskraft und seine Kunst

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