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Roettgen, Steffi [Oth.]; Mengs, Anton Raphael [Ill.]
Anton Raphael Mengs 1728-1779 (Band 1): Das malerische und zeichnerische Werk — München: Hirmer Verlag, 1999

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.54691#0327

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Setzung, daß dieser von dem ersten Entwurf abgehe und einen
Entwurf nach seinen, d.h. Mengs’ eigenen Ideen anfertigte. Die
gesamte Entstehungsgeschichte von Doells Büste schildert Reiffen-
stein in seinem Brief vom 23.1. 1779 an Heinrich Füssli (s. Zeller/
Steinmann 1956, S. 48/49). Auch aus diesem Sachverhalt ergibt sich,
daß Mengs bis 1777 kein Bildnis Winckelmanns gemalt hatte, denn
sonst hätte man kaum auf eine Zeichnung Marons zurückgreifen
müssen. Als Vorbild empfahl Mengs einen antiken Kopf der Uffizien
in Florenz, der damals und neuerdings wieder als Bildnis Ciceros
(Uffizien, Inv. Nr. 352 (1914), s. Mansuelli 1961, Nr. 34, S. 44/45) galt
und von dem er einen neuen Gipsabguß besaß. Die Ähnlichkeit
dieses Kopfes mit dem Gesicht Winckelmanns ist in der Tat auffällig,
auch bei der Gegenüberstellung mit dem Maronschen Bildnis. Daher
trifft Zellers Feststellung, daß es sich nur um ein »Stilvorbild«
handelte, sicher nicht ganz zu.
Offenbar stimmte die antike Porträtbüste so genau mit Mengs’
Erinnerungsbild an die Physiognomie des Freundes überein, daß er
in ihr den besseren Ausgangspunkt für ein Bildnis Winckelmanns
sah. Doells Büste (Bronzeguß von Luigi Valadier, 1777/78, Kassel,
Staatl. Kunstsammlungen, Neue Galerie) läßt deutlich erkennen,
welcher Art die Korrekturen gegenüber dem ursprünglichen Orien-
tierungsvorbild waren. Die in Marons Porträt kleinen, fast stechen-
den und sehr eng zusammenstehenden runden Augen werden läng-
lich und oval und sind weiter auseinandergerückt, analog zur sogen.
Cicerobüste. Noch deutlicher ist der Einfluß dieses antiken Kopfes
auf Mengs’ Porträt. Nicht nur die Augenpartie, sondern auch die
Nase, der Mund und die Ohren sind nach dem Vorbild der Büste
gebildet, ohne daß dies auf Kosten der Porträtähnlichkeit geht, wie
der Vergleich mit dem Bildnis Winckelmanns von Angelika Kauff-
mann beweist. Daß Barzotti 1777 einen Kopf Winckelmanns formte
(Dok. 1), deutet außerdem auf plastische Versuche von Mengs im
Zusammenhang mit der Doell-Büste hin.
Alle diese Beobachtungen lassen nur den Schluß zu, daß Mengs,
angeregt durch die Arbeit Doells an der Büste, auf die Idee kam, ein
Bildnis Winckelmanns zu malen, vielleicht um auf diese Weise noch
nachträglich ihrer Freundschaft, deren Andenken durch das jah-
relange Zerwürfnis sicher belastet war, ein Denkmal zu setzen. Auch
die stilistischen Merkmale des Bildes stützen diese Datierung. Das
nächst verwandte Bildnis ist das von Mengs’ Tochter Caterina, das
kurz vor 1777 entstanden ist (Kat. Nr. 257).
Der Umstand, daß Mengs Winckelmann mit dem Buch der »Ilias« in
der Hand darstellt, erhärtet die These von der posthumen Entste-
hung des Porträts. Winckelmann pflegte die »Ilias« ständig bei sich
zu führen. In der nach seinem Tod angefertigten Liste von Winckel-
manns Habseligkeiten (Rehm/Diepolder IV, 1957, S. 391) wird das
Buch aufgeführt (Schulz 1953, S. 7). Zugleich kommt dem Motiv
auch eine exemplarisch-symbolische Bedeutung zu, weil seit der
»Querelle des Anciens et modernes« die Nachahmung der Antike
unmittelbar auf das Werk der Ilias bezogen wurde.
Graphische Reproduktionen
GR 1 Maurice Blot (1754-1818)
Seitenverkehrt, 210 x 315 mm
Bez.: Grave par Maurice Blot, Paris 1815 /Peint par A.R. Mengs / D’apres le
tableau original qui se trouve dans la collection de son altesse madame la
principesse de Lubomirska ä Vienne
GR 2 Jacques Louis Copia (1764-1799)
254 (234) x 189 (174) mm, nach einer Zeichnung von Salesa
Bez.: J. Winckelman. Grave d’apres le dessin de Salesa fait sur le tableau
d’Antoine Raphael Mengs qui est dans le cabinet de M. le Chev. d’Azara
Ministre Plen. de Roi d’Espagne ä Rome

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In: J.J. Winckelmann, Histoire de L’Art chez les Anciens... ed. Jansen, Paris
1794, vol. I, Frontispiz; F. Pistrucci, Vite et ritratti dei uomini celebri di tutti i
tempi e di tutte le nazioni, Mailand 1822
In einem Holzschnitt umgesetzt, repr. in: L’Archeologie, sa valeur et ses
methodes. Paris 1912,1, S. 61
Bibl.: Schulz 1953, S. 58
GR 3 Carl Paul Landon (1760-1826)
Umrißnachstich, 93 x 58 mm
Bez.: Winkelmann / R. Mengs pinx.t /Landon di(r)ex.t
In: Galerie historique des hommes les plus celebres contenant leur Portraits
graves au trait, d’apres les meilleurs originaux ... par une Societe de gens de
lettres. Paris 1808, Tome XII, T. 181 (vgl. Nagler VII, 1839, S. 269)
GR 4 Carl Senff (1770-1838), 1804
Oval, seitenverkehrt
Bez.: Gern. v. R. Mengs / gest. v. C. Senff in Dorpat 1804
Als Frontispiz in: Carl Morgenstern, Johann Joachim Winckelmann. Eine
Rede. Leipzig 1805, Text zum Bildnis S. V
Zum Brustbild ohne Hände verkleinert.
238 Bildnis Robert Wood (1717(?)-1771)
Öl auf Leinwand, 73,7 x 62,5 cm
Mertoun, S. Boswells (Roxburgshire), Duke of Sutherland
Provenienz
Bridgewater and Ellesmere Sammlung, London; Duke of Bridgewater, Earl of
Ellesmere, Marquess of Stratford

Männlich, nach Familiennamen 307
 
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