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Bruegel, Pieter [Ill.]; Roh, Franz [Oth.]
Pieter Bruegel d. Ä. - die Niederländischen Sprichwörter — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Nr. 50: Stuttgart: Reclam-Verl., 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.72934#0043
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wiederholt. Als er Bruegel später dennoch würdigt, fügt
er die akademische Bemerkung hinzu, dieser Meister
habe von der Kunst, ein wirkliches Gemälde herzustel-
len, nichts verstanden, während der zugänglichere Te-
niers wegen der „Eleganz" seines Pinsels gerühmt wird.
Erst mit der Romantik bricht ein gewisses Verständnis
für die früheren, eindringlicheren Formen wieder hervor.
Baudelaire sagt 1857 und 1858 manches Treffende, und
der Kulturhistoriker B. Riehl setzt den Meister 1884
wieder höher an. Waagen bekundet in Kuglers Hand-
buch, Bruegel habe als erster das Volksleben höchst
variabel dargestellt, kann es aber noch nicht unterlassen,
hinzuzufügen, er sei trotzdem grob und vulgär geblie-
ben. Bezeichnend, daß er dem Meister kaum eine, Te-
niers d. J. aber sechs Seiten widmet.
Erst gegen 1900 sind die Kunsthistoriker so weit, teils
genauer, teils profunder in jene Fremdwelt einzudringen.
Dies bleibt zunächst eine esoterische Angelegenheit, bis
die wunderbaren neuesten Abbildungsbände Erkenntnis
von der wahren Bedeutung des Meisters nun auch in
weitere Kreise tragen. Zur spezielleren Forschung sei nur
noch an folgendes erinnert. Hymans macht deutlich, wie
einmalig und originell der Meister mitten im Romanis-
mus seiner Zeit geblieben war, die altniederländische
Tradition der Malerei weiterbildend. Auch Alois Riegl
betont dies, empfindet ihn aber vor allem als Begründer
einer unmittelbaren und individualisierten Ausdrucks-
weise, ihn, was damals neu war, mit Rubens und Rem-
brandt auf gleiche Ranghöhe stellend. Louis Maeterlinck
weist 1903 besonders auf die satirische Weltauffassung
inmitten des pathetischen Romanismus hin. Bastelaer
arbeitet die Unbefangenheit der Sittenschilderung des
Landes und der damaligen Zeit heraus. In dieser Rich-
tung entdecken Hulin de Loo, Fraenger und andere, wie
tief gewisse, nunmehr außerkirchliche Bilder der damali-
gen objektivierten Sprichwortweisheit verbunden sind.
G. Glück macht 1910 deutlich, daß Bruegel keineswegs
jener bauernnahe Mensch war, den man zuvor vermutet
hatte, sondern ein hochkultivierter Städter aus der hu-
manistischen Oberschicht, welcher die Bauern (und Kin-

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