Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kekulé von Stradonitz, Reinhard [Hrsg.]; Rohden, Hermann von [Bearb.]
Die antiken Terrakotten (Band IV,1: Text): Architektonische römische Tonreliefs der Kaiserzeit — Berlin u.a., 1911

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.948#0162
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
96

iii:.u.\Ki.t-:s.-\i,'H!-:in:

iü:kaki.i;> I'Mi n:i i.i'ims

verwende! worden; welchei Umstand gerade in diesem Fall
eine solche Erweiterung der Zahl der abwechselnden Plat-
ten nötig machte, ent2ieh1 sich unserer Kenntnis.

Die gewaltige Gröge der Platten mit den Heraklestaten
weist wenigstens füi Löwenkampf und Hydrakampf, denen
der Stierkampf nachtraglich zugesellt wurde, auf Entstehung
des Typus in älterer Zeit. In den Zierstreifen erkennt man
die Einwirkung von Vorbildern der caeretaner Werkstatt,
wenn auch das untere Ornament auf den caeretaner Platten
nicht genau so nachweisbai ist. Man darf wühl annehmen,
dafj die Vorlagen für die Kämpfe mit dem Löwen und der
Hydra von Caere nach Rom gekommen und dort in ver-
schiedenen Werkstätten nachgebildet worden sind. Zu den
alteren dieser Nachbildungen gehören die nur in Bruch-
stücken erhaltenen Platten, die jüngsten sind die des
großen Fundes von Quadraro, und erst dieser Entwicklungs-
stufe verdankt die Gestaltung des Stierkampfes auf den
Tonreliefs ihre Entstehung.

Nach Gröfje und Aussehen scheint zu den Riesen-
platten mit Heraklestaten auch das Bruchstück im Louvre
n. 4577, abg. Taf. XCV 3, zu gehören; aber schon seine
Vereinzelung beweist, da§ es nicht etwa ein Glied der in

so zahlreichen Exemplaren vertretenen Reihe von Quadraro
sein kann. Selbst die Deutung auf Herakles ist nicht voll-
ständig sicher, da zwar der Kopftypus mit der schmalen
Binde im Haar und die Muskelfülle des Oberkörpers wohl
zu Herakles passen, aber das um die Hüften geschlungene
Tuch kein für ihn bezeichnendes Motiv ist. Die Handlung.
in der der Mann dargestellt war, ist ganz unbestimmbar,
gewaltsam scheint sie nicht gewesen zu sein. Man könnte
denken an Herakles, dem Hebe einschenkte; das wäre eine
Vorstellung, die wohl in diesen Kreis paßte; aber man kann
nicht einmal entscheiden, ob der Mann saft, kniete oder
stand.

*\

i$t

Noch unsicherer ist die Beziehung auf Herakles bei
zwei andern Resten großer Platten im Antiquar!um
des Orto botanico. Auf dem einen (Abb. 183; H.
0,15 m) ist ein kraftiger männlicher Oberkörper mit Umst-
und Achselhaaren in Vorderansicht dargestellt, gewaltsam
nach seiner rechten Seite gebeugt; der Kopf war nach
dieser Richtung gesenkt, der linke Arm erhoben. Rechts

ist ein Stilck des Randes erhalten. Man kann an eine
Tanz- oder eine Kampfdarstellung denken. Nach der Ar-
beil und der etwas rissigen Oberfläche des Tons
das Stück zusammen mit dem zweiten (Aldi 184), auf
dem von einer nach rechts im Profil stehenden Figur, hinter
der links ein Löwcnfcll niederfallt, der rechte Oberschenkel
Scham und Hauch erhalten sind, am Schenkel ein wunder-
licher Ansatz, der von einem bekämpften Tut herrühren
konnte (oder von einem menschlichen Gegner' i
Gestalt Abb. 183).

HERAKLES UND TELEPHOS

Die Auffindung des Telephos, von der das einzige
vollständige Exemplar in Berlin n. 7654 Taf. CXXVI1 2
abgebildel ist, bilde! deutlich das Gegenstück zu der auf
der gleichen Tafel abgebildeten Auffindung der römischen
Zwillinge durch Faustulus. Der Berliner Platte entsprechen
genau mehrere nicht ganz vollständige im Konserva-
torenpalast (Heibig, Führer - 1 S. -120), die wahrschein-
lich gleicher Herkunft sind. Eine Variante scheint das Relief
im Louvre S 1508 zu sein (Cataloghi Campana n. 26,
abg. Campana Taf. XXV im Gegensinn); die Abweichung
beschränkt sich aber auf die Bildung der Höhle und des
untern Teiles des Baumstammes, und da das Relief zu-
sammengesetzt und stark ergänzt ist und in den sicher
echten Teilen auch nach Arbeit und Aussehen ganz mit
den Exemplaren in Berlin und im Konservatorenpalast
übereinstimmt, so müssen die Abweichungen der Zeich-
nimg ebenso wie die Inschriften (vgl. C. I. L. XV I n.
2554) dem Ergänzer zur Last gelegt werden.

Über die Darstellung vgl. 0. Jahn. Archäologische
Aufsätze S. 160 f.. Furtwängler in Roschers Lexikon I Sp.
2247, der sie im Vergleich mit den andern bekannten Bild-
werken desselben Gcgenslandes als die beste bezeichnet
und als nächst verwandt den Typus eines Medaillons aus
der Mitte des zweiten Jahrhunderts (Archäol. Zeitung 1882
Sp. 264) anfuhrt, wo freilich die charakteristische Handbe-
wegung des Herakles fehlt, aber Haltimg und Stellung der
Hirschkuh mit den auseinandergespreizten Hinterbeinen
gleich ist. Mit der Darstellung desselben Vorgangs auf
dem pergamenischen Telephosfnese fehlt jeder Zusammen-
hang. Da die älteren Darstellungen stark abweichen und
wenig Gemeinsames bieten, hat es den Anschein, als sei
in der Anordnung des Ganzen, in der Gestaltung der Höhle
und besonders in der Stellung des Tieres auf die übliche
Darstellung der die Zwillinge säugenden Wölfin und ihrer
Auffindung Rücksicht genommen, so daft eine genaue
Entsprechung erhielt ward.

Dies und das folgende Fausltilnsrelief sind im An-
schlug an bekannte Motive gleichzeitig von demselben
Künstler im /weiten Jahrhundert n. Chr. hergestellt. Die
gleiche Gegenüberstellung von Hirschkuh und Wölfin findet
sich auch .ml römischen Grabaltären, z.B. Altmann, Rom.
Grabaltäre S. s^ n. 13 Fig. 68; vgl. übet die Herleitung
des Typus Altmann S. 276.
 
Annotationen