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und dürfen wir nicht abgehen. Dabei hat es sich als ein
Glück für uns herausgestellt, daß England nach den Er-
fahrungen des Seekrieges zwischen Rußland und Japan im
Kriegsschiffbau zum Dreadnoughttypus überging. Durch
diesen wurde das ältere Schiffsmaterial aller Marinen ver-
hältnismäßig stark entwertet; und während es für uns aus-
sichtslos gewesen wäre, in der Vordreadnought-Periode die
enorme englische Überlegenheit auch nur bis zu einem ge-
wissen Grade einzuholen, wurde durch die Dreadnoughts
sozusagen ein neuer Start für die Flottenrüstungen ge-
schaffen. Zu ihrem Mißgeschick glaubten die Engländer, sie
würden auf längere Zeit die absolute Überlegenheit im Bau
der modernen Großkampfschiffe behaupten. Darin haben sie
sich getäuscht, denn faktisch sind wir ihnen infolge der
Dreadnoughts während der letzten sechs Jahre bis zu einem
Kräfteverhältnis nachgerückt, das früher als phantastische
Unwahrscheinlichkeit erschienen wäre. Wir stehen heute zu
ihnen an Dreadnought-Stärke schon etwas besser als 1: 2,
und wenn nicht zufällig der im voraus festgelegte Schema-
tismus unseres Flottenbauplans grade während der nächsten
Jahre vorübergehend eine starke Verminderung an Neubauten
vorsähe, so würde das Verhältnis zunächst so bleiben. Dem
Schema zuliebe auf diesen Stand zu verzichten, würden wir
trotz des Flottengesetzes für gefährlich halten, denn wir müssen
wiederholen: je schwächer unsere Flotte, desto schwächer
die Wand des Kessels, der dem antideutschen Überdruck
der politischen Atmosphäre in Europa Widerstand leisten soll.
Der zweite Sicherungsfaktor ist die Pflege unseres Verhält-
nisses zur Türkei. Die finanzielle und allgemein wirtschaftliche
Erstarkung des türkischen Reichs, der Ausbau der Bahnen und
vor allen Dingen eine türkische Armee, die so groß, so wohl-
gerüstet und so schlagkräftig ist, wie nur irgend möglich —
 
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