6. Kirchliche und andere Bildnerei.
I. Der Altar.
Das Grab iſt ein ſpäteres Einſchiebſel in die Kirche; nicht ſo der Altar, und
doch wird ſeine Entwicklung durch jenes beſtimmt. Aur in den erſten Jahr-
hunderten des Kriſtentums gehen Gräber und Altäre ihren getrennten Weg. Die
Hrabſtätte der Kriſten bilden die Katakomben mit ihren verſchiedenen Gräberformen.
Der altkriſtliche Altar iſt der Tiſch, auf dem das Abendmal bereitet wird. Eine
überſpringende (Stein-) Platte auf mehreren Stützen oder einer Säule oder auf niederen
Wänden aufgemauert iſt ſeine ſchlichte Form, die Stelle zwiſchen Schiff und
Korniſche ſeine Stätte. Wie iſt aus dieſer wenig entwicklungsfähigen Geſtalt jener
Teil der Rirche geworden, der ſeit anderthalb Jahrtauſenden in unerſchöpflicher
Mannigfaltigkeit das kriſtliche Gotteshaus ziert? Den Anſtoß dazu brachte die
Einführung des Grabes in die Kirche.
Schon früh, vom vierten Jahrhundert ab lebhafter erwacht in der Kriſtenheit
die antike Sitte des Heroenkultes wieder. Sie findet ihren Ausdruck im Grabe
der Blutzeugen. Dieſes im Freien errichtet beſteht aus Denkſtein und Altar oder
aus dem anſpruchsvolleren Grab mit Überbau. Wie die Verehrung der Blut-
zeugen zunimmt, verſetzt man das Grab in das Innere der Rirche; ſo iſt es der
Gemeinde jederzeit zugänglich, ihre Weihe um ſo bedeutender und leichter zu
bewerkſtelligen. Die Nähe der Heiligen iſt für die Lebenden von wunderbarer
Kraft. Aber auch im Tode noch möchte man ihnen möglichſt nahe ſein. Daher
die Unzahl von Grabmälern, die bald die Kirchen füllen. Es dauert nicht lange,
und man bettet auch hervorragend fromme Perſonen in Altäre. So wird in
S, Marien-der-Gnaden in einem Altar vor dem Hauptaltar der Leichnam ihres
Erbauers, des Biſchofs Pomponius, aufbewahrt. Die Königin Sanzia ({ 1345)
ruht im Sarge des Hochaltars vom hlg. Kreuz; und rührend iſt das Altargrab
des Pirro Pettio (+ 1525) und ſeiner Gattin inı Altar vor der Rapelle der Picko-
lomini in Montoliveto: er war der treue Geheimſchreiber des Anton Pickolomini
und wollte ihm auch „im Tode nahe“ ſein.
Schon zur Zeit des Papſtes Felix L. (269—274) ſind die Gebeine von Heiligen
das geſetzliche Erfordernis für die Heiligkeit eines Altars. Die einfachſte Form
dieſer Verbindung von Altar und Heiligengrab iſt der unter den Altartiſch geſtellte
Sarg. Erwird mit durchbrochenem Mauerwerk uniſchloſſen, das mit Sffnungen,
Aunſtſtätten, Neapel. II. 10
I. Der Altar.
Das Grab iſt ein ſpäteres Einſchiebſel in die Kirche; nicht ſo der Altar, und
doch wird ſeine Entwicklung durch jenes beſtimmt. Aur in den erſten Jahr-
hunderten des Kriſtentums gehen Gräber und Altäre ihren getrennten Weg. Die
Hrabſtätte der Kriſten bilden die Katakomben mit ihren verſchiedenen Gräberformen.
Der altkriſtliche Altar iſt der Tiſch, auf dem das Abendmal bereitet wird. Eine
überſpringende (Stein-) Platte auf mehreren Stützen oder einer Säule oder auf niederen
Wänden aufgemauert iſt ſeine ſchlichte Form, die Stelle zwiſchen Schiff und
Korniſche ſeine Stätte. Wie iſt aus dieſer wenig entwicklungsfähigen Geſtalt jener
Teil der Rirche geworden, der ſeit anderthalb Jahrtauſenden in unerſchöpflicher
Mannigfaltigkeit das kriſtliche Gotteshaus ziert? Den Anſtoß dazu brachte die
Einführung des Grabes in die Kirche.
Schon früh, vom vierten Jahrhundert ab lebhafter erwacht in der Kriſtenheit
die antike Sitte des Heroenkultes wieder. Sie findet ihren Ausdruck im Grabe
der Blutzeugen. Dieſes im Freien errichtet beſteht aus Denkſtein und Altar oder
aus dem anſpruchsvolleren Grab mit Überbau. Wie die Verehrung der Blut-
zeugen zunimmt, verſetzt man das Grab in das Innere der Rirche; ſo iſt es der
Gemeinde jederzeit zugänglich, ihre Weihe um ſo bedeutender und leichter zu
bewerkſtelligen. Die Nähe der Heiligen iſt für die Lebenden von wunderbarer
Kraft. Aber auch im Tode noch möchte man ihnen möglichſt nahe ſein. Daher
die Unzahl von Grabmälern, die bald die Kirchen füllen. Es dauert nicht lange,
und man bettet auch hervorragend fromme Perſonen in Altäre. So wird in
S, Marien-der-Gnaden in einem Altar vor dem Hauptaltar der Leichnam ihres
Erbauers, des Biſchofs Pomponius, aufbewahrt. Die Königin Sanzia ({ 1345)
ruht im Sarge des Hochaltars vom hlg. Kreuz; und rührend iſt das Altargrab
des Pirro Pettio (+ 1525) und ſeiner Gattin inı Altar vor der Rapelle der Picko-
lomini in Montoliveto: er war der treue Geheimſchreiber des Anton Pickolomini
und wollte ihm auch „im Tode nahe“ ſein.
Schon zur Zeit des Papſtes Felix L. (269—274) ſind die Gebeine von Heiligen
das geſetzliche Erfordernis für die Heiligkeit eines Altars. Die einfachſte Form
dieſer Verbindung von Altar und Heiligengrab iſt der unter den Altartiſch geſtellte
Sarg. Erwird mit durchbrochenem Mauerwerk uniſchloſſen, das mit Sffnungen,
Aunſtſtätten, Neapel. II. 10