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Rosenberg, Adolf; Kaulbach, Friedrich August von [Ill.]
Friedrich August von Kaulbach — Künstler-Monographien, Band 48: Bielefeld [u.a.]: Velhagen & Klasing, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.74631#0012
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Friedrich August Kaulbach.

aber auch in das bunte Treiben der Lands-
knechte und ihres Trosses und in das wilde
Getümmel während des dreißigjährigen
Krieges. An das nationale Element im
Gegensatz zu dem Universalhistoriker Piloty
dachte er dabei noch nicht. Das trat erst
nach dem deutsch-französischen Kriege in
den Vordergrund. Zunächst reizte ihn nur
die Fülle schlechthin malerischer Motive, die
er aus jenen Zeiten herausholen konnte,
und er fand dafür auch einen Ausdruck,
der sowohl in der Innerlichkeit, Wärme
und individuellen Schärfe der Charakteristik
wie in der koloristischen Stimmung von
der Art Pilotys grundverschieden war.
Ebensowenig hatte er aber auch mit dem
prunkenden Vortrag Makarts etwas gemein.
Wilhelm Diez und die Schüler, die sich
bald um ihn versammelten, fanden ihre
Befriedigung im kleinen. Dem geringen
Umfang ihrer Bilder entsprach auch ihre
zarte, subtile Ausführung, die zu der breiten,
dekorativen Mache Makarts in schroffem
Gegensatz stand. Grelle Noten wurden
vermieden, die Lokalfarben vielmehr zu einer
sanften Harmonie zusammengestimmt, die
gewöhnlich von einem kühlen, silbergrauen
Gesamttone beherrscht wurde. Das war
eine Art zu malen, die einen feinfühlenden
Geschmack doch noch mehr befriedigte als
das tieftönige Farbenkonzert Makarts, das
keine andere Tonart als das Fortissimo
kannte.
Neben dieser neu aufstrebenden, auf
rein koloristische Ziele gerichteten Genre-
malerei führte auch die Landschaftsmalerei
mit den zum Teil nach den alten Nieder-
ländern, zumeist aber in der französischen
Schule gebildeten Eduard Schleich und
Adolf Lier an der Spitze in dem damaligen
Konzert der Münchener Malerei eine ge-
wichtige Stimme, und endlich stand als
vereinzelte, aber bereits anerkannte Größe
Franz Lenbach da, der die Kunst der Bild-
nismalerei durch das Studium der klas-
sischen Meister, insbesondere eines Tizian,
Rembrandt und Rubens, von Grund aus
erneuert Hatte.
So vielgestaltig bereits war die Physio-
gnomie des Münchener Kunstlebens, als
Friedrich August Kaulbach ein Plätzchen
darin zu erlangen suchte. Ein solides
künstlerisches Rüstzeug brachte er mit sich.
Denn er war aus der besten Schule ge-

kommen, die sich jemand wünschen kann:
aus der des Vaters, der mit liebevoller
Sorge und nimmer ermüdendem Eifer die
ersten Schritte des Knaben und Jünglings
auf dem Pfade der Kunst geleitet und
überwacht hatte. Friedrich Kaulbach der
Vater hatte die Grundlagen seiner Kunst in
München gelegt und sich dort lange Jahre
heimisch gefühlt, ehe er in Hannover einen
Wirkungskreis fand, den er auch nach der
Katastrophe des Jahres 1866 nicht auf-
zugeben brauchte. Im Jahre 1839 war er,
erst siebzehn Jahre alt, nach München ge-
kommen, und für ihn war es selbstver-
ständlich, daß er in das Atelier seines
Oheims trat, der damals schon mit raschen
Schritten die Stufenleiter zur Höhe des
Ruhmes erklommen hatte. Nach sechs-
jähriger Lehrzeit unternahm Friedrich Kaul-
bach die übliche Studienreise nach Ita-
lien, und wieder nach München zurück-
gekehrt, machte er seinen ersten größeren
Versuch auf dem Gebiete der Geschichts-
malerei, die zu jener Zeit nicht bloß als
die führende Kunst, sondern als der Gipfel
jeglicher Kunst überhaupt galt. Aber Fried-
rich Kaulbach war wie viele andere, die
im gleichen Irrtum befangen waren, für
diese Gattung der Malerei seiner innersten
Veranlagung nach nicht geeignet. Weder
jenes Erstlingsbild, das die Auffindung
des erschlagenen Abel durch seine jammern-
den Eltern darstellt, noch seine späteren
Geschichtsbilder vermochten den unein-
geschränkten Beifall der Zeitgenossen zu er-
ringen, die freilich in Sachen der Historien-
malerei ungemein kritisch gestimmt waren
und nur das größte, entweder an Cornelius
oder an Wilhelm Kaulbach genommene
Maß an die Schöpfungen der Kleineren an-
legten. König Maximilian II. dachte höher
von Friedrich Kaulbach. Er beteiligte ihn
an der Ausführung seines Lieblingsplanes,
an den Gemälden für das Maximilianeum
in München, die die Hauptepochen der
Weltgeschichte in ihren Höhepunkten oder
in ihren entscheidenden Persönlichkeiten
darstellen sollten. Auf Friedrich Kaulbach
kam sogar eine nach damaliger Ansicht
ungemein dankbare Aufgabe: die Krönung
Karls des Großen, und er entledigte sich
ihrer auch mit Fleiß und Sorgfalt, so daß
das Bild immer noch einen Ehrenplatz in
der dreißig Nummern zählenden Bilder-
 
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