Friedrich August Kaulbach.
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zu thun war, irgendwo festen Fuß zu
fassen. Er war vier Jahre alt, als seine
Eltern nach Hannover übersiedelten, und
dort verlebte er seine ganze Jugendzeit bis
zu seinem achtzehnten Jahre. Nach be-
endeter Schulzeit nahm ihn der Vater ins
Atelier, und so schnell lernte der begabte
Knabe zeichnen und malen, daß der Vater
kein Bedenken trug, ihn schon, nachdem er
kaum erst die Schwelle des Jünglingsalters
überschritten hatte, auf die Wanderschaft zu
schicken.
Schon frühzeitig war in dem Knaben
eine Neigung zum Romantischen erwacht,
und für den Jüngling, der sich ein be-
stimmtes Wanderziel zu erwählen hatte,
verkörperte sich das romantische Ideal zu-
nächst im deutschen Mittelalter. Dieses
glaubte er nirgends so unverfälscht, noch
so lebendig im alten Glanze zu finden,
als in Nürnberg, und da sich damals die
dortige Kunstschule eines hohen Ansehens
erfreute, war die alte freie Reichsstadt,
deren alte Herrlichkeit noch nicht von dem
gefräßigen Ungeheuer der modernen Jn-
dnstrie mit ihren Raum- und Verkehrs-
bedürfnissen bedroht war, das nächste Ziel
des Jünglings, der nach der „blauen Blume
der Romantik" verlangte. An der Spitze
der Nürnberger Kunstschule stand der geniale
August vou Kreling, ein Künstler von viel-
seitiger Begabung, dessen Anpassungstalent
aber stärker war als seine ursprüngliche
Kraft. Er war je nach Lust und Laune
als Bildhauer, Maler und Illustrator
thätig, und als Bildhauer war er einer
der ersten, der auch Modelle sür das Kunst-
gewerbe schuf, freilich nur für jenen Zweig,
der in Nürnberg von alters her in hoher
Blüte stand und dessen Pflege zu den vor-
nehmsten Obliegenheiten eines Direktors der
dortigen Kunstschule gehörte. Er zeichnete
Abb. 5. Studie nach einem Kinde (l8S0).
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zu thun war, irgendwo festen Fuß zu
fassen. Er war vier Jahre alt, als seine
Eltern nach Hannover übersiedelten, und
dort verlebte er seine ganze Jugendzeit bis
zu seinem achtzehnten Jahre. Nach be-
endeter Schulzeit nahm ihn der Vater ins
Atelier, und so schnell lernte der begabte
Knabe zeichnen und malen, daß der Vater
kein Bedenken trug, ihn schon, nachdem er
kaum erst die Schwelle des Jünglingsalters
überschritten hatte, auf die Wanderschaft zu
schicken.
Schon frühzeitig war in dem Knaben
eine Neigung zum Romantischen erwacht,
und für den Jüngling, der sich ein be-
stimmtes Wanderziel zu erwählen hatte,
verkörperte sich das romantische Ideal zu-
nächst im deutschen Mittelalter. Dieses
glaubte er nirgends so unverfälscht, noch
so lebendig im alten Glanze zu finden,
als in Nürnberg, und da sich damals die
dortige Kunstschule eines hohen Ansehens
erfreute, war die alte freie Reichsstadt,
deren alte Herrlichkeit noch nicht von dem
gefräßigen Ungeheuer der modernen Jn-
dnstrie mit ihren Raum- und Verkehrs-
bedürfnissen bedroht war, das nächste Ziel
des Jünglings, der nach der „blauen Blume
der Romantik" verlangte. An der Spitze
der Nürnberger Kunstschule stand der geniale
August vou Kreling, ein Künstler von viel-
seitiger Begabung, dessen Anpassungstalent
aber stärker war als seine ursprüngliche
Kraft. Er war je nach Lust und Laune
als Bildhauer, Maler und Illustrator
thätig, und als Bildhauer war er einer
der ersten, der auch Modelle sür das Kunst-
gewerbe schuf, freilich nur für jenen Zweig,
der in Nürnberg von alters her in hoher
Blüte stand und dessen Pflege zu den vor-
nehmsten Obliegenheiten eines Direktors der
dortigen Kunstschule gehörte. Er zeichnete
Abb. 5. Studie nach einem Kinde (l8S0).