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Friedrich August Kaulbach.
wir an die Kinderbildnisse van Dycks er-
innert, der die frohe Unbefangenheit der
Kinderseele und daneben das stille, rätsel-
hafte Sinnen, das oft aus Kinderaugen
aufleuchtet, so trefflich zu schildern wußte,
obwohl ihm erst in den letzten Jahren sei-
nes Lebens das Glück des Familienlebens
erblühte. Bei Kaulbach ist das anders ge-
wesen. In seiner Häuslichkeit hat es nie
an Modellen gefehlt, an denen er seine
nisse malt, darin nicht etwa eine Schwäche
seiner künstlerischen Begabung zu erkennen
ist. Er mag vielleicht gefunden haben, daß
gegenwärtig auf der weiblicheu Seite des
menschlichen Geschlechts dankbarere Auf-
gaben zu finden sind als auf der männ-
lichen. Der „Adlerjäger" ist übrigens keine
„Idealfigur". Kaulbach hat den Träger
dieses prachtvollen Kopfes vor einigen Jah-
ren in Oberstdorf kennen gelernt, und aus
Abb. 102. Aus Kaulbachs Atelier.
psychologische, durch die Vaterliebe noch
gesteigerte Kunst üben konnte, und noch
jetzt umspielen ihn liebliche Kinder in zar-
tem Alter. Die Züge des jüngstgeborenen,
die wir bereits aus der für den Groß-
vater gezeichneten Studie (Abb. 93) kennen
gelernt haben, finden wir in dem kleinen
Mädchen wieder, das mit drolligem Ernst
sein Püppchen tanzen läßt. In dem „Adler-
jäger" (Abb. 100) Hat Kaulbach einmal
wieder gezeigt, daß ihm die Gabe kraft-
voller Charakteristik keineswegs versagt ist,
und daß, wenn er nur selten Männerbild-
der dort gezeichneten Studie (Abb. 39) ist
jetzt das Oelgemälde entstanden. Die weib-
liche Halbfigur mit der Maudoline (Abb.
101), die den heiteren Lebensgenuß ge-
selliger Meuschen, die dem Kultus edler
Frauen, edlen Weines und wohllautender
Musik ergeben sind, so anmutig verkörpert,
ist eine neue Abwandluug eines von Kaul-
bach gern behandelten Stoffes. Beim An-
blick dieses verführerischen Lächelns steigt
der Frohsinn altvenezianischer Kunst in
unserer Erinnerung auf. Der Künstler,
der dieses Bild geschaffen, begnügt sich aber
Friedrich August Kaulbach.
wir an die Kinderbildnisse van Dycks er-
innert, der die frohe Unbefangenheit der
Kinderseele und daneben das stille, rätsel-
hafte Sinnen, das oft aus Kinderaugen
aufleuchtet, so trefflich zu schildern wußte,
obwohl ihm erst in den letzten Jahren sei-
nes Lebens das Glück des Familienlebens
erblühte. Bei Kaulbach ist das anders ge-
wesen. In seiner Häuslichkeit hat es nie
an Modellen gefehlt, an denen er seine
nisse malt, darin nicht etwa eine Schwäche
seiner künstlerischen Begabung zu erkennen
ist. Er mag vielleicht gefunden haben, daß
gegenwärtig auf der weiblicheu Seite des
menschlichen Geschlechts dankbarere Auf-
gaben zu finden sind als auf der männ-
lichen. Der „Adlerjäger" ist übrigens keine
„Idealfigur". Kaulbach hat den Träger
dieses prachtvollen Kopfes vor einigen Jah-
ren in Oberstdorf kennen gelernt, und aus
Abb. 102. Aus Kaulbachs Atelier.
psychologische, durch die Vaterliebe noch
gesteigerte Kunst üben konnte, und noch
jetzt umspielen ihn liebliche Kinder in zar-
tem Alter. Die Züge des jüngstgeborenen,
die wir bereits aus der für den Groß-
vater gezeichneten Studie (Abb. 93) kennen
gelernt haben, finden wir in dem kleinen
Mädchen wieder, das mit drolligem Ernst
sein Püppchen tanzen läßt. In dem „Adler-
jäger" (Abb. 100) Hat Kaulbach einmal
wieder gezeigt, daß ihm die Gabe kraft-
voller Charakteristik keineswegs versagt ist,
und daß, wenn er nur selten Männerbild-
der dort gezeichneten Studie (Abb. 39) ist
jetzt das Oelgemälde entstanden. Die weib-
liche Halbfigur mit der Maudoline (Abb.
101), die den heiteren Lebensgenuß ge-
selliger Meuschen, die dem Kultus edler
Frauen, edlen Weines und wohllautender
Musik ergeben sind, so anmutig verkörpert,
ist eine neue Abwandluug eines von Kaul-
bach gern behandelten Stoffes. Beim An-
blick dieses verführerischen Lächelns steigt
der Frohsinn altvenezianischer Kunst in
unserer Erinnerung auf. Der Künstler,
der dieses Bild geschaffen, begnügt sich aber