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Jacques Rosenthal <München> [Hrsg.]
Bibliotheca medii aevi manuscripta (Band 2): Einhundert Handschriften des Mittelalters vom zehnten bis zum fünfzehnten Jahrhundert (Katalog Nr. 90) — München, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.23403#0169
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Aus diesen Unterschieden ergibt sich, daß die vorliegende Handschrift hinsichtlich
der Illustration gänzlich unabhängig von dem Original des Autors und allen anderen,
darauf zurückgehenden Exemplaren ist, daß vielmehr diesem Manuskripte ein Exemplar
zugrundelag, das ursprünglich nicht illustriert war, dann durchschossen und auf
Grund des Textes, aber ohne Kenntnis der Vorrede des Autors, neu und selbständig
illustriert wurde. Nur so erklären sich die Unterschiede in der Bildgruppierung, die
ikonographische Unabhängigkeit, das Fehlen der Tituli, das Vorhandensein von acht
Prophetenköpfen und die der Absicht des Autors widersprechende Anordnung der
Bild= und Textseiten. Somit liegt hier der auch sonst vorkommende, überlieferungs-
geschichtlich stets interessante Fall vor, daß ein umfangreiches Bilderwerk, dem die
Illustration verlorengegangen war, auf Grund des Textes in vollem Umfange selb-
ständig neu illustriert wurde und dadurch eine Gestalt erhielt, die zwar letzten Endes
der Absicht des Autors auch entspricht, aber doch etwas wesentlich Neues darstellt,
das mit der ursprünglichen Form kaum noch etwas zu tun hat. Dadurch beansprucht
diese Handschrift (trotz ihrer fragmentarischen Erhaltung) innerhalb der Gesamtüber^
lieferung der Concordantiae caritatis ein ganz besonderes Interesse, zumal weitere
Handschriften dieser Art nicht erhalten zu sein scheinen, jedenfalls bisher nicht be^
kannt geworden sind.
Abgesehen von einigen Wurmstichen und Fingerflecken an den Rändern sowie
unbedeutenden Verwischungen auf einigen Bildern befindet sich der Codex in sauberem
Erhaltungszustände.
Siehe Tafel XXI.
200. Vocabularius graeco-latinus. Papierhandschrift italienischer Provenienz
vom Ende des XV. Jahrhunderts, in sorgfältiger humanistischer Schrift
lateinisch und griechisch zweispaltig geschrieben, jedes lateinische Wort
mit blauer oder roter Initiale beginnend. 161 Bll. 4A 204:144 mm. Brauner
Lederband in reicher Blindpressung (beschädigter Originaleinband).
Der sehr sorgfältig angelegte Codex enthält ein reichhaltiges lateinisch=griechisches
Vokabular des XV. Jahrhunderts mit ca. 4500 lateinischen Worten, von denen rund drei
Viertel mit den griechischen Übersetzungen versehen sind. Über dem Anfang steht
ein Distichon des bekannten Philologen Ubertino da Crescentino (vergl. Joh. Trithe"
mius, De scriptor. eccles. cap. 892; Fabricius, Bibi. lat. med. aet. D, 1858, 400)
Cu: preceptor abesf cu: greca vo?um:'na desunf
Eiu:'c uf gram sonef verha magrsfer ero.
Auf dem Vorblatt 3v ist der Name des ursprünglichen Besitzers radiert und der
Vermerk von einer Hand des XVI. Jahrhunderts in den folgenden Wortlaut umge^
ändert worden: Este kher es? me: H?u:'s: Odescakh:',' das dürfte der Jesuit Aloisius
Odescalchi sein, 1547 zu Como geboren, der sich als Lehrer der Mathematik und

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