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Barré, Louis [Editor]; Kaiser, A. [Transl.]; Roux, Henri [Oth.]
Herculanum und Pompeji: vollständige Sammlung der daselbst entdeckten, zum Theil noch unedirten Malereien, Mosaiken und Bronzen (2. Band): Zweite Serie der Malereien — Hamburg: Johann August Meissner, 1841

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https://doi.org/10.11588/diglit.60992#0118
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HO

MALEREIEN.

aus der Beschreibung hervor, welche der eingeweihte Appulejus 1 2) von seinem
Kranze macht.
Hinter dem knieenden Frauenzimmer steht ein violet gekleidetes Mädchen
mit einem Giesskännchen, Kruge oder anderm geweihten Gefäss in der rechten
Hand. Auf dem Kopfe trägt sie einen Korb, welcher ohne Zweifel eines
der bei Appulejus am oben angeführten Orte erwähnten Behältnisse vorstellt.
Die Rolle dieses Kindes entspricht sonach der einer griechischen Kanephore
oder Korbträgerin, wie man in Athen die vornehmen Jungfrauen nannte, welche
bei feierlichen Processionen die heiligen Körbe auf dem Kopfe trugen, und
einer Camilla oder Altardienerin der Römer. Von den zunächst dieses Mäd-
chens befindlichen Figuren erscheint die eine mit kahlem Haupte bis zum
Gürtel nackt, von da bis auf die Füsse hinab aber in ein weisses Gewand
gehüllt. In den Händen hat sie einen Zweig und eine Isisklapper. Die
andre nimmt sich wie ein Frauenzimmer aus. An der gegenüberliegenden
Seite des Altars knieet ein Greis mit zum Himmel emporgehobenen Händen,
also in der Haltung eines Betenden2). Sein Kopf ist beinahe kahl und der
obere Theil seines Körpers ganz unbekleidet; den untern verhüllt ein weisses
Gewand. Hinter ihm befinden sich drei vollständig bekleidete Personen: eine
Frau mit einer Art Isisklapper oder einem andern musikalischen Instrumente,
ein kleines Mädchen und weiterhin ein Greis. Von den übrigen drei Figuren
in der Nähe des Altars ist die eine noch ein Kind, die andre bläst die
Trompete, deren Erfindung von den Aegyptern dem Osiris zugeschrieben wurde,
oder die „Tibia“, und die dritte hat in der linken Hand eine viergliedrige
Kette, in der rechten aber ein Stäbchen, das mitten durch einen mit Schellen
besetzten Reifen geht.
Letztere zwei Attribute sind vorzüglich bemerkenswert!! und die Kette
erinnert namentlich an eine Stelle bei Lucrez, wo dieser Dichter anführt,
dass bei den Festen der grossen Göttin die Kureten, welche in der spätem
Zeit mit den Priestern der Cybele, den Korybanten, für einerlei angesehen
wurden 3), Ketten trugen, Dieses Gemälde scheint uns in dieser Beziehung
zu belehren, dass dort der Ausdruck „catenas ludere“ nicht im bildlichen,
sondern im eigentlichen Sinne zu nehmen sei. Ueber die geheime Beziehung
dieses Attributes ist uns leider nichts bekannt. Das Instrument in der rech-
ten Hand derselben Figur ist eine Art Klapper, die auch sonst auf alten
Monumenten vorkommt4).

1) Metam. IX. p. 257, ed. Pric.; Bötti-
ger, Sabina S. 177 ff. Böttiger bat
zu seiner VII. Tafel, S. 174 der Sa-
bina, die knieende Römerin, den
tanzenden Isispriester und die ganze
Architektur sammt dem Altar von dem

hier betrachteten Gemälde entlehnt;
vgl. Sabina XVII.
2) Hör. Od. III. 23; Tit. Liv. XXVI. 14.
3) Lucret. II. 629 ff.
4) Pignori de serv. p. 163; Sarisber,
Pal. VIII. 12.
 
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