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Heinrich Steinhöwel
sprach: Es mag syn, daz es not werde. Darumb luog fürbaS ieder zuo 25
im selber. Do namen sie baid die flucht an sich. Aber die kacz fand amen
großen boum, uff den sprang sie und ward erlöset uß allen sorgen. Aber
die Hund yltent den fuchs schnelleglich on underlaß, der fuchs floch so bald
er mocht. Do schri die kacz uff der höhi des bomeS so lut sie mocht: Eh
bruoder fuchs, suoch herfür aine von den hundert künften, die du kanst, zo
wann der wald ist dir zeferr! Aber die Hund fiengend den fuchs und
tötteten in. Dise fabel warnet die wysen und die flyßigen sinnrychen, ouch
die listigen und bösfätigen, daz sie die ainfältigen und minderkünende nit
leczent und schmähen sollent.
Die fabel von dem wolff und dem esel.
Welcher ainen andern schedigen wil, der sol des raut nicht volgen, den
er begeret ze schedigen. Des hör ain fabel. Ain wolff begegnet ainem esel
und sprach zuo im: O bruoder esel, ich lyde großen hunger, darumb will
ich dich eßen. Do sprach der esel: Was dir gefällig sye das tuo, wann du 5
haft mir ze gebieten, so sol ich dir gehorsam syn, wann ob du mich ißest,
so würd ich von großer arbait erlediget. Wann ich trag den win uß den
keltern, das körn ab dem tennen, das holcz uß dem wald, die stain uß
den bergen, die hüser ze buwen bring ich alle, das körn trag ich in die mül
und das mel wider haim, und daz ich in kürcz beschließe, alle bürdi, alle io
arbait lyt uff mir. Darumb verfluche ich den tag myner gebürt. Aber
ich bit dich, du wellest mich diser gebett erhören, daz du mich nit uff der
straß eßest, wann es wäre mir schantlich, und wa daz die nachpuren oder
myne Herren ersenhen, so sprechen sie: Oh wie schantlich hat sich unser esel
den wolff laßen freßen on widerstand. Darumb bit ich dich, daz du mynen 15
raut hören wellest. Wir söllen in den wald gan und uß grünen gerten
starke widen klenken, da mit bindft du mich umb myne bruft als dynen
knecht, so bind ich dich umb dynen hals, als mynen Herren, der synen
knecht gefangen füret, und füreft mich dann also uncz unden in den wald,
da ißest du mich dann mit guoter ruow und lustlich. Dem wolff was der 20
list unbekant und sprach: Mir gefelt dyn fürniemen, so gee wir. Sie
giengent hin mit ainander und klenktent fast starke widen. Der wolff
klenkt, der esel legt an. Der wolff band den esel hart umb die brust, der
esel den wolff umb den hals. Do sprach der esel: Nun laß uns gan, wann
Heinrich Steinhöwel
sprach: Es mag syn, daz es not werde. Darumb luog fürbaS ieder zuo 25
im selber. Do namen sie baid die flucht an sich. Aber die kacz fand amen
großen boum, uff den sprang sie und ward erlöset uß allen sorgen. Aber
die Hund yltent den fuchs schnelleglich on underlaß, der fuchs floch so bald
er mocht. Do schri die kacz uff der höhi des bomeS so lut sie mocht: Eh
bruoder fuchs, suoch herfür aine von den hundert künften, die du kanst, zo
wann der wald ist dir zeferr! Aber die Hund fiengend den fuchs und
tötteten in. Dise fabel warnet die wysen und die flyßigen sinnrychen, ouch
die listigen und bösfätigen, daz sie die ainfältigen und minderkünende nit
leczent und schmähen sollent.
Die fabel von dem wolff und dem esel.
Welcher ainen andern schedigen wil, der sol des raut nicht volgen, den
er begeret ze schedigen. Des hör ain fabel. Ain wolff begegnet ainem esel
und sprach zuo im: O bruoder esel, ich lyde großen hunger, darumb will
ich dich eßen. Do sprach der esel: Was dir gefällig sye das tuo, wann du 5
haft mir ze gebieten, so sol ich dir gehorsam syn, wann ob du mich ißest,
so würd ich von großer arbait erlediget. Wann ich trag den win uß den
keltern, das körn ab dem tennen, das holcz uß dem wald, die stain uß
den bergen, die hüser ze buwen bring ich alle, das körn trag ich in die mül
und das mel wider haim, und daz ich in kürcz beschließe, alle bürdi, alle io
arbait lyt uff mir. Darumb verfluche ich den tag myner gebürt. Aber
ich bit dich, du wellest mich diser gebett erhören, daz du mich nit uff der
straß eßest, wann es wäre mir schantlich, und wa daz die nachpuren oder
myne Herren ersenhen, so sprechen sie: Oh wie schantlich hat sich unser esel
den wolff laßen freßen on widerstand. Darumb bit ich dich, daz du mynen 15
raut hören wellest. Wir söllen in den wald gan und uß grünen gerten
starke widen klenken, da mit bindft du mich umb myne bruft als dynen
knecht, so bind ich dich umb dynen hals, als mynen Herren, der synen
knecht gefangen füret, und füreft mich dann also uncz unden in den wald,
da ißest du mich dann mit guoter ruow und lustlich. Dem wolff was der 20
list unbekant und sprach: Mir gefelt dyn fürniemen, so gee wir. Sie
giengent hin mit ainander und klenktent fast starke widen. Der wolff
klenkt, der esel legt an. Der wolff band den esel hart umb die brust, der
esel den wolff umb den hals. Do sprach der esel: Nun laß uns gan, wann