italienische \ledutenJcunst des Settocento
Das italienische Seicento hatte für die bildmäßige Wiedergabe der
Schönheit und Poesie der italienischen Städte wenig übrig gehabt. Die
Malerei stand so ausschließlich im Dienste ihrer monumentalen Zweck-
bestimmung, sie war in thematischer Hinsicht so ausschließlich anthro-
pozentrisch gerichtet, daß daneben für den ganz anders gearteten Auf-
gabenkreis der Landschaft und dessen, was man später die Vedute nen-
nen sollte, kein Raum blieb. Das Interesse für den malerischen Reiz jener
besonderen Verquickung von Natur und menschlicher Schöpfung, die
besonders in der römischen Ruinenwelt hervortritt, war noch nicht ge-
weckt; einzig in den Werken der „Oltramontani" — insbesondere eini-
ger Franzosen und der Holländer aus dem Kreise Bamboccios, Jan Boths
und Poelenburgs — blitzte gelegentlich eine Vorahnung dessen auf, was
im Settecento dann in so überraschender und reicher Weise Gestalt ge-
winnen sollte. Die Ansichten römischer Ruinen auf den Bildern der in
Rom ansäßigen Holländer und ihrer italienischen Nachläufer haben wäh-
rend des ganzen Seicento etwas Ungefüges, Plumpes und Düsteres. Man
möchte geradezu sagen, etwas Unappetitliches: es liegt nicht der Ab-
glanz einer großen Vergangenheit über ihnen, sie scheinen vielmehr eine
Art Unterschlupf für Verkommenheit und Banditentum darzustellen, die
sich in ihnen breit gemacht haben. Eine andere Art von Wiedergabe der
antiken Ruinenwelt, die hauptsächlich von italienischer Seite kam, war
aufs stärkste von der Quadratur- und Theatermalerei beeinflußt. — Hier
war das erstrebte Ideal nicht so sehr der natürlich-freie malerische Effekt
als vielmehr die gewollte Monumentalität und der Pomp architektoni-
scher Phantasieprospekte, in denen sich klassische oder biblische Sze-
nen, theatralische Aufzüge und dergleichen mehr zu entwickeln pflegten.
Gaspard van Wittel, in Italien V a n v i t e 11 i genannt, war der erste,
der nicht allein für den Zauber der römischen Ruinenwelt ein feines
Auge besaß, sondern auch die bis dahin dunkle und branstige Palette der
Ruinenmaler auflockerte und nach der natürlichen Wirkung des hellen
Tageslichtes und der Feinheit der atmosphärischen Perspektive strebte.
Vanvitellis Themen waren besonders die antiken Fragmente Roms in der
Gegend des Forums und des Palatins, die malerischen Ufer des Tiber
mit der Engelsburg, dem Ponte Rotto, dem Vestatempel oder der Tiber-
insel. Daneben hatte er Sinn für die Eigenart der Szenerie von Tivoli und
für die Schönheit der mittelitalienischen Gebirgshorizonte rings um Rom.
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Das italienische Seicento hatte für die bildmäßige Wiedergabe der
Schönheit und Poesie der italienischen Städte wenig übrig gehabt. Die
Malerei stand so ausschließlich im Dienste ihrer monumentalen Zweck-
bestimmung, sie war in thematischer Hinsicht so ausschließlich anthro-
pozentrisch gerichtet, daß daneben für den ganz anders gearteten Auf-
gabenkreis der Landschaft und dessen, was man später die Vedute nen-
nen sollte, kein Raum blieb. Das Interesse für den malerischen Reiz jener
besonderen Verquickung von Natur und menschlicher Schöpfung, die
besonders in der römischen Ruinenwelt hervortritt, war noch nicht ge-
weckt; einzig in den Werken der „Oltramontani" — insbesondere eini-
ger Franzosen und der Holländer aus dem Kreise Bamboccios, Jan Boths
und Poelenburgs — blitzte gelegentlich eine Vorahnung dessen auf, was
im Settecento dann in so überraschender und reicher Weise Gestalt ge-
winnen sollte. Die Ansichten römischer Ruinen auf den Bildern der in
Rom ansäßigen Holländer und ihrer italienischen Nachläufer haben wäh-
rend des ganzen Seicento etwas Ungefüges, Plumpes und Düsteres. Man
möchte geradezu sagen, etwas Unappetitliches: es liegt nicht der Ab-
glanz einer großen Vergangenheit über ihnen, sie scheinen vielmehr eine
Art Unterschlupf für Verkommenheit und Banditentum darzustellen, die
sich in ihnen breit gemacht haben. Eine andere Art von Wiedergabe der
antiken Ruinenwelt, die hauptsächlich von italienischer Seite kam, war
aufs stärkste von der Quadratur- und Theatermalerei beeinflußt. — Hier
war das erstrebte Ideal nicht so sehr der natürlich-freie malerische Effekt
als vielmehr die gewollte Monumentalität und der Pomp architektoni-
scher Phantasieprospekte, in denen sich klassische oder biblische Sze-
nen, theatralische Aufzüge und dergleichen mehr zu entwickeln pflegten.
Gaspard van Wittel, in Italien V a n v i t e 11 i genannt, war der erste,
der nicht allein für den Zauber der römischen Ruinenwelt ein feines
Auge besaß, sondern auch die bis dahin dunkle und branstige Palette der
Ruinenmaler auflockerte und nach der natürlichen Wirkung des hellen
Tageslichtes und der Feinheit der atmosphärischen Perspektive strebte.
Vanvitellis Themen waren besonders die antiken Fragmente Roms in der
Gegend des Forums und des Palatins, die malerischen Ufer des Tiber
mit der Engelsburg, dem Ponte Rotto, dem Vestatempel oder der Tiber-
insel. Daneben hatte er Sinn für die Eigenart der Szenerie von Tivoli und
für die Schönheit der mittelitalienischen Gebirgshorizonte rings um Rom.
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