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SASANIDISCHE SEIDENWEBEREI
erwähnt werden, das allseitig von einem Rautenmuster stoffartig übersponnen
ist, dessen Füllungen die verschiedenartigsten Bildungen der Lotosblüte zeigen.
Die Kunst am Ausgange der Sasanidenzeit, wie sie im Taq i bustan zum Aus-
druck kommt, ist nicht in dem Maße einheitlich, wie die aus dem Beginn, aus dem
dritten bis vierten Jahrhundert. Der über Baktrien gekommene Hellenismus macht
sich, worauf wir mehrfach hinwiesen, jetzt in besonderem Maße geltend; auch
indischen Einfluß hat man, z. B. in der charakteristischen Wiedergabe der Tiere,
vor allem der Elefanten, zu erkennen geglaubt. Die Reiterfigur des Königs
(Tafel 85) nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als es sich hier kaum noch
um ein Relief, vielmehr um eine nur lose mit der Wand zusammenhängende
Freifigur handelt und um eine der monumentalsten Schöpfungen ihres Kunst-
kreises. So hat man sie fast als einen Fremdling empfunden, der mit der
sonstigen sasanidischen Kunst wenig oder nichts gemein hätte. Dem können
wir nicht zustimmen; denn die charakteristischen Mängel sind auch hier nicht
überwunden, aber sie sind geschickt umgangen oder in dem augenblicklich
sehr zerstörten Zustande nicht mehr kenntlich. Die linke Schulter, deren typische
Verkürzung wir mehrfach erwähnt haben, wird durch den vorgehaltenen Schild
verdeckt, der rechte Arm ist nicht mehr vorhanden, glücklicherweise, möchte
man fast sagen; denn man kann sich nicht vorstellen, wie er ohne unerfreulichste
Verrenkung die gewaltige, auf der Schulter ruhende Lanze gehalten hat. Eine
gewisse Unbeholfenheit in der Bewegung ist nicht überwunden; aber im ganzen
ist auch diese Hauptfigur des Denkmals wie alles andere, malerisch empfunden
und wiedergegeben.
V
Die Denkmäler des Taq i bustan leiten zu den sasanidischen Stoffen und
Seidengeweben über; sind doch hier die Gewänder so genau wiedergegeben
und bei der vortrefflichen Erhaltung der Reliefs noch jetzt so gut erkennbar,
daß man in den dargestellten Stoffmustern eine sichere Grundlage für die
sasanidischeTextilkunst der Spätzeit besitzt (Tafel 94—97). In der reichen Fülle
der Muster, wohl durchweg von Seidenstoffen, unterscheidet man, rein äußer-
lich, Streu-, Rauten-, Dinar- (Scheiben-) und Corona- (Kranz-)Muster nach der
Art, in der die ornamentalen und pflanzlichen Motive und vor allem die Tier-
figuren auf die Fläche verteilt sind. Zu den am häufigsten vorkommenden figür-
lichen Schmuckformen der sasanidischen Kunst gehört die freie Umwandlung
SASANIDISCHE SEIDENWEBEREI
erwähnt werden, das allseitig von einem Rautenmuster stoffartig übersponnen
ist, dessen Füllungen die verschiedenartigsten Bildungen der Lotosblüte zeigen.
Die Kunst am Ausgange der Sasanidenzeit, wie sie im Taq i bustan zum Aus-
druck kommt, ist nicht in dem Maße einheitlich, wie die aus dem Beginn, aus dem
dritten bis vierten Jahrhundert. Der über Baktrien gekommene Hellenismus macht
sich, worauf wir mehrfach hinwiesen, jetzt in besonderem Maße geltend; auch
indischen Einfluß hat man, z. B. in der charakteristischen Wiedergabe der Tiere,
vor allem der Elefanten, zu erkennen geglaubt. Die Reiterfigur des Königs
(Tafel 85) nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als es sich hier kaum noch
um ein Relief, vielmehr um eine nur lose mit der Wand zusammenhängende
Freifigur handelt und um eine der monumentalsten Schöpfungen ihres Kunst-
kreises. So hat man sie fast als einen Fremdling empfunden, der mit der
sonstigen sasanidischen Kunst wenig oder nichts gemein hätte. Dem können
wir nicht zustimmen; denn die charakteristischen Mängel sind auch hier nicht
überwunden, aber sie sind geschickt umgangen oder in dem augenblicklich
sehr zerstörten Zustande nicht mehr kenntlich. Die linke Schulter, deren typische
Verkürzung wir mehrfach erwähnt haben, wird durch den vorgehaltenen Schild
verdeckt, der rechte Arm ist nicht mehr vorhanden, glücklicherweise, möchte
man fast sagen; denn man kann sich nicht vorstellen, wie er ohne unerfreulichste
Verrenkung die gewaltige, auf der Schulter ruhende Lanze gehalten hat. Eine
gewisse Unbeholfenheit in der Bewegung ist nicht überwunden; aber im ganzen
ist auch diese Hauptfigur des Denkmals wie alles andere, malerisch empfunden
und wiedergegeben.
V
Die Denkmäler des Taq i bustan leiten zu den sasanidischen Stoffen und
Seidengeweben über; sind doch hier die Gewänder so genau wiedergegeben
und bei der vortrefflichen Erhaltung der Reliefs noch jetzt so gut erkennbar,
daß man in den dargestellten Stoffmustern eine sichere Grundlage für die
sasanidischeTextilkunst der Spätzeit besitzt (Tafel 94—97). In der reichen Fülle
der Muster, wohl durchweg von Seidenstoffen, unterscheidet man, rein äußer-
lich, Streu-, Rauten-, Dinar- (Scheiben-) und Corona- (Kranz-)Muster nach der
Art, in der die ornamentalen und pflanzlichen Motive und vor allem die Tier-
figuren auf die Fläche verteilt sind. Zu den am häufigsten vorkommenden figür-
lichen Schmuckformen der sasanidischen Kunst gehört die freie Umwandlung