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Sauer, August; Levetzow, Ulrike [Gefeierte Pers.]
Ulrike von Levetzow und ihre Erinnerungen an Goethe: zur hundertsten Wiederkehr ihres Geburtstages (4. Februar 1904) — München: Verlagsbuchhandlung Georg G.W. Callwey, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.65688#0013
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Sinn, sondern auch der Wortlaut als enträtselt gelten darf. Trotzdem
mußte des besseren Verständnisses wegen von einer buchstabengetreuen
Wiedergabe der Orthographie abgesehen werden, und ich habe schließ-
lich auch auf die verwirrende Beibehaltung der bezeichnendsten Eigen
tnmlichkeiten wie: Hauß, lies, gescha, gesehen, frü, frner, spätster
usw. verzichtet. Die meisten Interpunktionszeichen rühren von mir
her, ebenso die Bezeichnung der Absätze' und der Versanfänge.
Aach Punktum habe ich große Anfangsbuchstaben, bei direkter Rede
Anführungszeichen eingesetzt. Desgleichen sind alle Anmerkungen
unter dein Text Zusatz des Herausgebers. Für die Mitteilung des
weitzerstreuten Zeitschriftemnaterials, sowie für andere Hinweise und
Winke bin ich Professor Minor und Regiernngsrat Glossy in Wien,
ferner Professor S. M. Prem in Graz zn Dank verpflichtet.')

Es hat mir schon oft leid getan, daß die Erinnerung an die
Zeit, weiche ich Goethe-) gekannt, mit nur begraben wird, und damit
auch all die falschen, oft fabelhaften Geschichten, welche darüber ge-
druckt wurden, nicht widerlegt werden; ich will versuchen, was auf
die Zeit Bezug hat und mir noch erinnerlich ist, hier aufznschreiben.
Meine Großeltern Brösigke müssen schon mit Goethe und auch
Schiller'') bekannt gewesen sein/') wie sie auch mit dem Großherzog
von Weimar nicht nur bekannt, sondern befreundet waren, wie ich
das ja selber noch in Marienbad gesehen habe, Ivo sie sich mit dem
Großherzog so oft alter Zeiten und Bekannten erinnerten. Groß-
vater war ja in Sachsen reich begütert, zuerst ., dann die
große Herrschaft Löbnitz,") nnd liebte die Jagd leidenschaftlich. Goethe
mochte sic wohl in Bädern kennen gelernt haben, zuerst vielleicht in
einen! kleinen Bade bei Leipzig, Lauchstät; ich kann mich dessen noch
ganz dunkel aus meiner frühsten Kindheit erinnern, wie ich auch die
Großeltern mit Goethe darüber sprechen hörte. Meine Mutter hatte
Goethe, als ganz junge Frau, in Karlsbad kennen gelernt oder wieder
angetroffen; denn sie erzählte oft, daß sie durch Goethe in große
Verlegenheit gesetzt wurde, da er sie in Karlsbad bei einem Spazier-
gange gefragt habe, welche Gedichte ihr lieber, die feinen oder die
von Schiller; Mutter hatte erwidert: „Ich verstehe wohl beide nicht
immer, doch die von Schiller fühle ich." Goethe nahm ihr die Ant-
wort nicht übel, sondern blieb sehr freundlich mit ihr und zog sie
') Die Literatur über Ulrike ist am vollständigsten zusammengestellt in
der 3. Auflage von Prems „Goelhe". Leipzig 1900, S 516 f. Dazu gekommen
ist Weilens Nekrolog im Biogr. Jahrb. IV, S. 273. Andere Ergänzungen folgen
unten.
H Ulrike schreibt die ersten Male: „Göthe", später mehrmals „Goethe",
und so ergänze ich deshalb, wo sie den Namen abkürzt.
') Sehr undeutlich.
') Goethe lernte Herrn von Brösigke am 29. Dezember 1796 in Leipzig
bei Chevalier la Motte kennen; vgl. Tagebuch II, 50 (Bresike), eine Stelle die
bisher nicht beachtet worden ist.
5) Herr von Loeper (Goethe-Jahrbuch 8, 166) nennt das Gut Lemnitz.
 
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