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Sauer, Joseph
Die altchristliche Elfenbeinplastik — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 38: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.61244#0007
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So rege sich auch die Forschung des letzten halben
Jahrhunderts mit den Erzeugnissen frühchristlicher
Elfenbeinplastik befaßt hat, so sind der gesicherten Er-
gebnisse doch nur wenige. Schon die zeitliche Ansetzung
ist bei manchen und gerade den besten Elfenbeintafeln
derart schwankend, daß sie gleich um ein halbes Jahr-
tausend auseinandergeht.
Noch unsicherer ist die künstlerische Herkunft, der
Ursprungsort der einzelnen Werke; hier gerät man als-
bald in das Kampfgebiet zwischen Rom und Orient, auf
dem die Gegner mit der Hartnäckigkeit und Eigenwillig-
keit von Glaubensstreitern einander gegenüberstehen.
Man wird annehmen müssen, daß die großen Handels-
städte des Ostens, Antiochien, Edessa, Alexandrien, über
die der Westen das Elfenbein bezog, Werkstätten dafür
in erheblicher Zahl besaßen und mit diesem in Asien und
Afrika heimischen Material eine Industrie ausbilden konn-
ten, dieim Westenimmer nur als übernommen gelten kann.
In der Kaiserzeit verarbeitete aber unzweifelhaft auch
Rom das Elfenbein; das beweisen die dort entstandenen
Diptychen vom späten vierten Jahrhundert an.
Zur Zeit, da die Christen stärker im öffentlichen Leben
hervortraten, fand das Elfenbein als Luxusartikel weit-
gehende Verwendung zur prunkvollen Ausstattung von
Wohnräumen, für Gebrauchsgegenstände wie Büchsen,
Kästchen und Schreibtafeln (meist doppelt, durch Schar-
niere zusammengehalten, sog. Diptychen), aber auch zur
Anfertigung von Kleinplastiken (Reliefs wie Statuetten).
Daß reichere Christen diesen Geschmack teilten, ist von
vornherein anzunehmen; inwieweit das Elfenbein auch
schon im Gotteshaus der Frühzeit Aufnahme gefunden
hatte, darüber fehlt es aber an jeglichem Zeugnis. Immer-
hin kann der Bilderschmuck von Pyxiden wie der Ber-
liner oder der von Carthago es wahrscheinlich machen,
daß sie als Behälter der eucharistischen Spezies her-
gestelltwurden. Als solche dienten sie später jedenfalls.

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