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Saxl, Fritz; Meier, Hans; Bober, Harry [Editor]
Verzeichnis astrologischer und mythologischer illustrierter Handschriften des lateinischen Mittelalters (3,1): 3. Handschriften in englischen Bibliotheken — London: The Warburg Institute, University of London, 1953

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https://doi.org/10.11588/diglit.56704#0033
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Gestirn-Darstellungen

XXIX

Handbuch der Sternkunde komplettiert, das alle Bilder des Nord- und
Südhimmels enthielt.
In keinem anderen Kulturgebiet hat sich bisher für uns die Tradition
des antiken Gutes auch nur annähernd so deutlich aufweisen lassen wie in
England. Ein festländischer Codex, das Werk eines humanistisch gebildeten
Philologen und eines klassisch geschulten Malers kommt nach England,
wird sowohl genau kopiert (Cotton Ms. Tiberius C. I) als auch bewußt
umgeformt (Harley Ms. 2506, Cotton Ms. Tiberius B. V). Der Hygin-Text,
der den Bildern der Ursprungs-Handschrift als Scholien beigegeben ist,
wird schon im Tiberius B. V wie im Harley Ms. 2506 durch einen anderen
ersetzt, die alten Bilder werden beibehalten, und ebenso behält man den
unveränderten Cicero-Text bei, obwohl er nur fragmentarisch ist. Erst um
1100 scheint man, wie Bodl. Ms. 614 lehrt, dazu übergegangen zu sein,
den ursprünglichen Text ganz wegzulassen, den alten Bildern einen im
wesentlichen aus Hygin geschöpften neuen Text beizugeben und nun auch
die Bilderreihe zu vervollständigen. Aber die Männer, die diese letzte
Umformung vornahmen, waren weder gute Philologen noch gute Astro-
nomen. Wie ihr Text voller Mißverständnisse ist, so erfinden sie Bilder,
die mit dem astronomisch Brauchbaren und durch die Sternbeobachtung
notwendig Gegebenen nichts zu tun haben. Ihr Werk bezeichnet deutlich
den Niedergang der klassischen Tradition.
Mit dem so gewonnenen Bild stimmt es nun gut überein, daß das
astronomische Sammelwerk des Digby Ms. 83, des spätesten Codex unserer
Reihe, von dem wir bisher nur das vierte Buch in den Kreis unserer
Betrachtung gezogen haben, nicht nur ein Ende darstellt, sondern auch
einen Anfang. Denn diese Handschrift enthält nicht mehr wie Bodl. Ms. 614
nur das alte Bildungsgut, das wir auch im Tiberius B. V miteinander
verbunden fanden: die Sternbilder und das Buch von den Wundern des
Ostens. Statt des Buches von den Wundern werden dem Sterntraktat
drei Bücher vorangestellt, die im Gegensatz zu dem vierten Buch mit den
Sternbildern, dem letzten Ausläufer der seit karolingischer Zeit in England
heimischen Cicero-Tradition, ihrer Herkunft nach ein Novum darstellen.
Denn hier finden wir neben Stücken aus Isidorus und dem Brief des Gerbert
die arabischen Namen der Mondstationen, die hebräischen und arabischen
Namen der Planeten und andere Stellen, die, wie J. Milläs-Vallicrosa34
nachgewiesen hat, auf jenen Liber Alhandri zurückgehen, dessen Bedeutung
schrift derselben Gruppe zurückgehen, der der Wiener Cod. 51 angehört. Für die Dar-
stellung des Piscis notius mit zwei Stoßzähnen, ebenfalls abweichend von der Harley-
Tradition, finden wir das Vorbild gleichfalls im Wolfenbütteler Hygin.
34 A. a. O., S. 259ff.
 
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