10 Die Struktur der magischen Weltanschauung
Charakter der Hauptmasse der Brähmana-Texte bedingt:
Das Material, mit dem diese Literatur operiert, ist primitiv,
die Art und Weise, wie dieses Material verarbeitet wird, trägt
jedoch das deutliche Gepräge einer hochintellektuellen, ratio-
nalistischen Denkweise. Ansätze zu einer festen, konsequent
durchgeführten Terminologie sind bemerkbar; die Substanzen
und Elemente, mit denen sich die Phantasie beschäftigt, werden
klassifiziert und geordnet; allgemeine Zusammenhänge for-
muliert und festgehalten.
Parallel vollzieht sich der Niedergang der alten, rgvedischen
Frömmigkeit. Während im Atharva-Veda die alten Götter
nur gelegentlich in den Beschwörungen als Dämonentöter,
so vor allem Agni und Indra, angerufen werden, sonst aber
die Sphäre, in der der Zauberer schaltet und waltet, kaum be-
rühren, konnte eine Umdeutung ihres Charakters in den Bräh-
manas, wo die Methoden der Magie auf den höheren Kultus
übertragen wurden, naturgemäß nicht ausbleiben. Tatsächlich
ist das mythologische Weltbild der Brähmanas schon äußer-
lich betrachtet von dem des Rg-Veda und des Atharva-Veda
wesentlich verschieden. Im Zentrum des kosmischen Geschehens
steht nicht mehr der titanenhafte Kampf des Heldengottes
Indra gegen seine persönlichen Feinde, den Vrtra, den Vala
und die Dasyu's, auch nicht die primitive Dämonologie des
Atharva-Veda, sondern ein permanenter, zeitloser Krieg zwischen
den Göttern und ihren liturgischen Widersachern, den Asura's.
Und wohl bemerkt, es kämpfen hier nicht einzelne Götter und
einzelne Dämonen, sondern zwei Scharen, zwei Parteien, von
denen die Götter, die Deva's, die anerkannte rituelle und
kosmische Ordnung, die gültige Norm und das „Wahre",
die Asura's dagegen das „Unwahre", das anrtam, die Will-
kür, die Unberechenbarkeit und das Irrationale in dem ma-
gischen Weltbild vertreten. Dadurch erklärt sich zugleich der
eigenartige Bedeutungswandel, von dem der Begriff Asura in
den jüngeren vedischen Texten betroffen wurde: in den älteren
Partien des Rg-Veda, vor allem in den Varuna-Liedern, als
Inbegriff der göttlichen Macht, Herrlichkeit und Würde emp-
funden, wird das Wort Asura zum Teil schon im jüngeren Teil
des Rg-Veda selbst, vor allem aber im Atharva-Veda und in
Charakter der Hauptmasse der Brähmana-Texte bedingt:
Das Material, mit dem diese Literatur operiert, ist primitiv,
die Art und Weise, wie dieses Material verarbeitet wird, trägt
jedoch das deutliche Gepräge einer hochintellektuellen, ratio-
nalistischen Denkweise. Ansätze zu einer festen, konsequent
durchgeführten Terminologie sind bemerkbar; die Substanzen
und Elemente, mit denen sich die Phantasie beschäftigt, werden
klassifiziert und geordnet; allgemeine Zusammenhänge for-
muliert und festgehalten.
Parallel vollzieht sich der Niedergang der alten, rgvedischen
Frömmigkeit. Während im Atharva-Veda die alten Götter
nur gelegentlich in den Beschwörungen als Dämonentöter,
so vor allem Agni und Indra, angerufen werden, sonst aber
die Sphäre, in der der Zauberer schaltet und waltet, kaum be-
rühren, konnte eine Umdeutung ihres Charakters in den Bräh-
manas, wo die Methoden der Magie auf den höheren Kultus
übertragen wurden, naturgemäß nicht ausbleiben. Tatsächlich
ist das mythologische Weltbild der Brähmanas schon äußer-
lich betrachtet von dem des Rg-Veda und des Atharva-Veda
wesentlich verschieden. Im Zentrum des kosmischen Geschehens
steht nicht mehr der titanenhafte Kampf des Heldengottes
Indra gegen seine persönlichen Feinde, den Vrtra, den Vala
und die Dasyu's, auch nicht die primitive Dämonologie des
Atharva-Veda, sondern ein permanenter, zeitloser Krieg zwischen
den Göttern und ihren liturgischen Widersachern, den Asura's.
Und wohl bemerkt, es kämpfen hier nicht einzelne Götter und
einzelne Dämonen, sondern zwei Scharen, zwei Parteien, von
denen die Götter, die Deva's, die anerkannte rituelle und
kosmische Ordnung, die gültige Norm und das „Wahre",
die Asura's dagegen das „Unwahre", das anrtam, die Will-
kür, die Unberechenbarkeit und das Irrationale in dem ma-
gischen Weltbild vertreten. Dadurch erklärt sich zugleich der
eigenartige Bedeutungswandel, von dem der Begriff Asura in
den jüngeren vedischen Texten betroffen wurde: in den älteren
Partien des Rg-Veda, vor allem in den Varuna-Liedern, als
Inbegriff der göttlichen Macht, Herrlichkeit und Würde emp-
funden, wird das Wort Asura zum Teil schon im jüngeren Teil
des Rg-Veda selbst, vor allem aber im Atharva-Veda und in