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■ihm die Stellung bei der apostolische)) Kammer verschafft haben. Doch
war seines Bleibens nur kurze Zeit. Die Flucht zweier Kardinäle, die sich
gegen Urban YIII. verschworen hatten, bezeichnet Gobelin selbst, — ohne
den wahren Grund erkennen zu lassen, ■— als tlinderniss seines weiteren
Fortkommens. Er begab sich nach Paderborn, erhielt eine Pfründe am
dortige)) Dome und ward später Pfarrer der Marktkircho.' Aber Streitig-
keiten mit den Pfarrgenossen bewogen ihn, sein Amt niederzulegen, sich
auf seine Pfründe zurückzuziehen. Da erhielt Paderborn in Wilhelm von
Berg einen Bischof, der den Augiasstall seines Sprongels zu säubern ge-
dachte. Gobelin erschien ihm als geeignetes Werkzeug; vielleicht hat auch
Gobelin seinen Herrn angespornt, ihn zu entschiedenem Handeln gedrängt.
Kurz, unter Wilhelm von Berg ist Gobelin der Boformator verkommener
Klöster. Feindschaften und Streitigkeiten konnten nicht ausbleiben. End-
lich glaubte er genug gegen die Verwilderung der Mönche und Nonnen ge-
kämpft zu haben; über 60 Jahre alt, suchte er Euho im Kloster Böddeken.
Dort ist er in den 20er Jahren des 15. Jahrhunderts gestorben.1
Uns hinterliess er seinen » Weltenlauf2 woran er von 1390 bis 1418
gearbeitet hat. Fleissig hat er gesammelt3 und das Gesammelte im Stile
seiner Zeit und seines Landes vorarbeitet. Von Paderborn aus beobachtet
er den Weltonlauf; seitdem Paderborn zum Bisthum erhoben, bildet es den
Mittelpunkt seines Werkes. Aber Gobelin war kein Villani, und der kleine
Bischofsitz an der Pader war mit der grossen Arnostadt nicht zu vergleichen.
Kleinlich ist daher der Standpunkt Gobelins; es fehlt dem Verfasser des
Weltenlaufes ganz und gar der weltumfassende Blick. Und auch in seinem
beschränkten Kreise, wie fehlt es nicht überall an guter Ordnung, an pas-
sender Auswahl, an feinerem Geschmack! Italiens Classicismus mag ihn
erfreut und erwärmt haben; den harten Westfalen zu bilden, ist ihm nicht
gelungen. Die römischen Vorgänge des Jahres 1111, die Geburt eines
Schweines mit Mcnschenlcopf, eines vierbeinigen Huhnes und die Kämpfe
Heinrichs V. mit den Fürsten 4 — sie werden in Einem Atheinzuge erzählt.
Nun gar, wenn Gobelin Kritik übt! Konrad II. hat, wie Gobelin irgendwo
las, die spoirer Kirche errichtet. Das kann nicht sein: mit einem Citato
beweist Gobelin, dass Speier längst seine Bischöfe hatte. 5 Dio Wittwo
Heinrichs III. heirathet den Herzog von Baiern; 6 denn wie anders könnte
sie Herzogin von Baiorn sein ? Dazu Fabeln über Fabel)): er steckt noch
tief in dem sinnlosen Wunderglaube)) des Mittelalters.
1) Vgl. G. J. Rosenkranz Gobolinus Persona Ein biographischer Versuch.
Zeit sehr. f. vatcrl. Gesch. und Alterthumskunde 1S4S. 1 — 87.
2) Das Werk wurde zuerst 1599 von dem älteren Meibom herausgegeben,
dann im S. Bande der Scr. rer. Germ, vom jüngeren Meibom wiederholt.
8) Zu 1850 sagt Gobelin selbst: Ea quae hueusquo conscripri, fere omnia ex
libris famosis; pauca de scripturis privatis, pauciora ex rolatu, paucissima ex propria
imaginatione collogi.
4) Lib. 6. cap. 58.
5) Lib. 6. cap. 58.
0) Lib. 6. cap. 54.
■ihm die Stellung bei der apostolische)) Kammer verschafft haben. Doch
war seines Bleibens nur kurze Zeit. Die Flucht zweier Kardinäle, die sich
gegen Urban YIII. verschworen hatten, bezeichnet Gobelin selbst, — ohne
den wahren Grund erkennen zu lassen, ■— als tlinderniss seines weiteren
Fortkommens. Er begab sich nach Paderborn, erhielt eine Pfründe am
dortige)) Dome und ward später Pfarrer der Marktkircho.' Aber Streitig-
keiten mit den Pfarrgenossen bewogen ihn, sein Amt niederzulegen, sich
auf seine Pfründe zurückzuziehen. Da erhielt Paderborn in Wilhelm von
Berg einen Bischof, der den Augiasstall seines Sprongels zu säubern ge-
dachte. Gobelin erschien ihm als geeignetes Werkzeug; vielleicht hat auch
Gobelin seinen Herrn angespornt, ihn zu entschiedenem Handeln gedrängt.
Kurz, unter Wilhelm von Berg ist Gobelin der Boformator verkommener
Klöster. Feindschaften und Streitigkeiten konnten nicht ausbleiben. End-
lich glaubte er genug gegen die Verwilderung der Mönche und Nonnen ge-
kämpft zu haben; über 60 Jahre alt, suchte er Euho im Kloster Böddeken.
Dort ist er in den 20er Jahren des 15. Jahrhunderts gestorben.1
Uns hinterliess er seinen » Weltenlauf2 woran er von 1390 bis 1418
gearbeitet hat. Fleissig hat er gesammelt3 und das Gesammelte im Stile
seiner Zeit und seines Landes vorarbeitet. Von Paderborn aus beobachtet
er den Weltonlauf; seitdem Paderborn zum Bisthum erhoben, bildet es den
Mittelpunkt seines Werkes. Aber Gobelin war kein Villani, und der kleine
Bischofsitz an der Pader war mit der grossen Arnostadt nicht zu vergleichen.
Kleinlich ist daher der Standpunkt Gobelins; es fehlt dem Verfasser des
Weltenlaufes ganz und gar der weltumfassende Blick. Und auch in seinem
beschränkten Kreise, wie fehlt es nicht überall an guter Ordnung, an pas-
sender Auswahl, an feinerem Geschmack! Italiens Classicismus mag ihn
erfreut und erwärmt haben; den harten Westfalen zu bilden, ist ihm nicht
gelungen. Die römischen Vorgänge des Jahres 1111, die Geburt eines
Schweines mit Mcnschenlcopf, eines vierbeinigen Huhnes und die Kämpfe
Heinrichs V. mit den Fürsten 4 — sie werden in Einem Atheinzuge erzählt.
Nun gar, wenn Gobelin Kritik übt! Konrad II. hat, wie Gobelin irgendwo
las, die spoirer Kirche errichtet. Das kann nicht sein: mit einem Citato
beweist Gobelin, dass Speier längst seine Bischöfe hatte. 5 Dio Wittwo
Heinrichs III. heirathet den Herzog von Baiern; 6 denn wie anders könnte
sie Herzogin von Baiorn sein ? Dazu Fabeln über Fabel)): er steckt noch
tief in dem sinnlosen Wunderglaube)) des Mittelalters.
1) Vgl. G. J. Rosenkranz Gobolinus Persona Ein biographischer Versuch.
Zeit sehr. f. vatcrl. Gesch. und Alterthumskunde 1S4S. 1 — 87.
2) Das Werk wurde zuerst 1599 von dem älteren Meibom herausgegeben,
dann im S. Bande der Scr. rer. Germ, vom jüngeren Meibom wiederholt.
8) Zu 1850 sagt Gobelin selbst: Ea quae hueusquo conscripri, fere omnia ex
libris famosis; pauca de scripturis privatis, pauciora ex rolatu, paucissima ex propria
imaginatione collogi.
4) Lib. 6. cap. 58.
5) Lib. 6. cap. 58.
0) Lib. 6. cap. 54.