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Scheffer-Boichorst, Paul [Hrsg.]
Annales Patherbrunnenses: eine verlorene Quellenschrift des zwölften Jahrhunderts ; aus Bruchstücken wiederhergestellt — Innsbruck, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.22433#0085
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dem allerengsten Kreise der paderborner Schule hervorgegangen. Aber aus
einem Kreise, der dieser Schulo nahe stand, in welcher ihr Geist lebte. Bei
den Mönchen von Abdinghof müssen wir auf eine Weile einkehren.

Als Meinwerk im Jahre 1015 Clüny besuchte, erbat er sich vom
Abte dreizehn Mönche. Mit Brod und Wasser, der Regel des heiligen Be-
nedikt , mit einem Antiphonarium und Hymnarium, langten sie in Pader-
born an.1 Wäre der erste Bau nicht eingestürzt, — sio wären schon bald
in ein stattliches Gebäude eingezogen. So konnte die Weihe erst im Jahre
1031 vollzogen werden. Es fehlte nicht an Geschenken; Meinwerk selbst
spendete reiche Gaben.2

Aber fürchtete er nicht den Geist freudloser Askese, wie er in Clüny
zu Hause war? Offenbar liebte er die Sittenreinheit dieser Männer; im
Uebrigcn dachte er, dass der schärfere Wind seines Landes den überfeinen
Duft der clünischen Richtung verwehen würde. Er selbst that das Seinige.
Als er sich einmal in der Küche überzeugt hatte, dass die Speisen recht
romanisch zubereitet sein, stellte er den Abt zur Rede. s Wenn er selbst
religiös sein oder — ich möchte das höhnende Wort, das er nach seinem
allerdings erst späteren Biographen gesprochen haben soll, nicht bei Seite
schieben — religiös scheinen wolle, es stände ihm frei; nur solle er
seine Untergebenen besser behandeln. * Meinwerk wusste, dass die Askese
noch längst nicht die Schwester echter Religiosität sei. Drum befahl er,
dass man statt des ranzigen Oels guten Speck gebrauche: und als dennoch
der Abt in der alten Askese fortfuhr, ward er zornig; die Mönche aber ent-
schädigte er durch neun der besten Speckseiten.3 Wohl nur Ein Zug aus
vielen, wie Meinwerk die clünische Strenge zu mildern, ihre Unduldsamkeit
mit der freieren Art seines Landes zu versöhnen suchte! Als nun gar zu
Meinworks grosser Freude die Söhne paderborner Bürger und Dionstleute
in das Klostor traten, war der Geist von Clüny so ziemlich überwunden.

Das war denn für die weitere Entwicklung von der grössten Bedeu-
tung. Während die Klöster des Schwarzwaldes, vor dem clünischen Geisto
sich beugend, Rom ihre Dienste gegen Kaiser und Reich liehen, war es hier
anders. Gewiss ist man mit allen Sachsen dem Kaiser entgegengetreten;
aber man war sächsisch, nicht eigentlich römisch; man war sächsisch aus
Ueberzeugung, römisch nur weger der zufälligen Gemeinsamkeit vorüber-
gehender Interessen. Die Gemeinsamkeit des Handelns fiel mit der Gemein-
samkeit der Interessen: unser Abdinghof steht wieder auf Seiton des Kai-
sers. Bezeichnend sind zwei Ereignisse. Als im Jahre 1079 der vertriebene
Altmann von Passau und Bischof Poppo die nach einem Brando neuerbaute
Klosterkirche weihten, da konnte es scheinen, als ob die gregorianischen
Ideen, in den Personen der Weihenden verkörpert, hier ihren fruchtbarsten
Boden finden müssten. Nach einem Jahrzehnt weiht der kaiserliche Bischof
Heinrich das Krouz der neuen Kirche; 4 von dem Anhängor dos Kaisers

1) Vita Meinwerci e. 28.

2) Vita c. 180. 209 seciq. 157.
S) c. 182. 15S.

4) _ contulinius umim mansum in Curbike in consecrationo principalis crucis
 
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