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Der Vergleich von der Nahrung und dem Namen war
Michelangelo entweder nicht klar oder nicht elegant genug.
Zweimal ändert er auf der Rückseite des Blattes die be-
treffenden Sätze. Endlich wird er ganz schwankend und
ungeduldig. Er schickt ab ein Briefchen von drei Zeilen:
»Messer Tomao, mein theurer Signor! — Obschon ich Ihren letzten
Brief nicht beantwortet habe, glaube ich nicht, dass Ihr denkt, ich habe
Euch vergessen oder könne überhaupt vergessen die Nahrung, von der ich
lebe, die in nichts Anderem besteht, als in Eurem Namen. Und dann auch
glaube ich nicht, — obschon ich in Anbetracht meiner Inferiorität da sehr
anmassend spreche, — dass irgend etwas unsere Freundschaft trüben könne1).«
Der Vermittler der Correspondenz zwischen Michelangelo
und Cavalieri ist seit diesem Briefe nicht mehr Sebastian del
Piombo, sondern (ein sonst nicht weiter bekannter) Barto-
lommeo Angiolini.
Letzterer antwortet schon am 2. August aus Rom,
dass er Messer Tomao persönlich das für ihn gesandte
al contrario, che questa vadi a rovescio anch' ella: percht quello che vostra
Signoria dice a me, io 1' ärei a dire a quella: ma forse quella fa per ten-
tarmi o per riaccender nuovo e maggior foco, se maggior puo essere: ma
sia come si vuole: io so bene che io posso a quell' ora dimenticare il nome
vostro, che 'l cibo di che io vivo; anzi posso prima dimenticare el cibo di
ch' io vivo, che nutrisce solo il corpo infelicemente, che il nome vostro,
che nutrisce il corpo e 1' anima, riempiendo 1' uno e 1' altro di tanta dol-
cezza, che n^ noia n^ timor di morte, mentre la memoria mi vi serba, posso
sentire. Pensate se 1' ochio avessi ancora lui la parte sua, in che stato mi
troverrei.« — Die Variante auf der anderen Seite lautet: »Und wenn Ihr
ganz sicher davon wart und seid, musstet und müsst Ihr Euch denken,
dass, wer liebt, ein sehr grosses Gedächtniss hat und nur so die Gegenstände,
welche er heiss liebt, vergessen könnte, wie ein Verhungernder die Nahrung,
von der er lebt, aufgeben würde. Ja, weit weniger kann ein Mensch seine
Liebe vergessen, als die Nahrung, von der er existirt. Denn jene (la cosa
amata) nährt Körper und Seele: den einen mit der grössten Enthaltsamkeit,
die andere mit glücklichem Frieden und der Erwartung des ewigen Heils.«
Dasselbe drückt kürzer die zweite Variante aus. cf. Milanesi, a. a. O.
No. CDXVI, p. 467.
, Milanesi, a. a. O. No. CDXVII, p. 468.
Der Vergleich von der Nahrung und dem Namen war
Michelangelo entweder nicht klar oder nicht elegant genug.
Zweimal ändert er auf der Rückseite des Blattes die be-
treffenden Sätze. Endlich wird er ganz schwankend und
ungeduldig. Er schickt ab ein Briefchen von drei Zeilen:
»Messer Tomao, mein theurer Signor! — Obschon ich Ihren letzten
Brief nicht beantwortet habe, glaube ich nicht, dass Ihr denkt, ich habe
Euch vergessen oder könne überhaupt vergessen die Nahrung, von der ich
lebe, die in nichts Anderem besteht, als in Eurem Namen. Und dann auch
glaube ich nicht, — obschon ich in Anbetracht meiner Inferiorität da sehr
anmassend spreche, — dass irgend etwas unsere Freundschaft trüben könne1).«
Der Vermittler der Correspondenz zwischen Michelangelo
und Cavalieri ist seit diesem Briefe nicht mehr Sebastian del
Piombo, sondern (ein sonst nicht weiter bekannter) Barto-
lommeo Angiolini.
Letzterer antwortet schon am 2. August aus Rom,
dass er Messer Tomao persönlich das für ihn gesandte
al contrario, che questa vadi a rovescio anch' ella: percht quello che vostra
Signoria dice a me, io 1' ärei a dire a quella: ma forse quella fa per ten-
tarmi o per riaccender nuovo e maggior foco, se maggior puo essere: ma
sia come si vuole: io so bene che io posso a quell' ora dimenticare il nome
vostro, che 'l cibo di che io vivo; anzi posso prima dimenticare el cibo di
ch' io vivo, che nutrisce solo il corpo infelicemente, che il nome vostro,
che nutrisce il corpo e 1' anima, riempiendo 1' uno e 1' altro di tanta dol-
cezza, che n^ noia n^ timor di morte, mentre la memoria mi vi serba, posso
sentire. Pensate se 1' ochio avessi ancora lui la parte sua, in che stato mi
troverrei.« — Die Variante auf der anderen Seite lautet: »Und wenn Ihr
ganz sicher davon wart und seid, musstet und müsst Ihr Euch denken,
dass, wer liebt, ein sehr grosses Gedächtniss hat und nur so die Gegenstände,
welche er heiss liebt, vergessen könnte, wie ein Verhungernder die Nahrung,
von der er lebt, aufgeben würde. Ja, weit weniger kann ein Mensch seine
Liebe vergessen, als die Nahrung, von der er existirt. Denn jene (la cosa
amata) nährt Körper und Seele: den einen mit der grössten Enthaltsamkeit,
die andere mit glücklichem Frieden und der Erwartung des ewigen Heils.«
Dasselbe drückt kürzer die zweite Variante aus. cf. Milanesi, a. a. O.
No. CDXVI, p. 467.
, Milanesi, a. a. O. No. CDXVII, p. 468.