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— 40 —
Immerhin scheint sich Cavalieri über eine Briefpause
beklagt und dieser Vorwurf auch Michelangelo erreicht zu
haben. Ganz aufgeregt greift letzterer, am 28. Juli ver-
muthlich, wieder zur Feder:
»Mein theurer Signor! — Glaubte ich nicht, Euch den
sichersten Beweis gegeben zu haben, welch' unbegrenzte
Liebe ich für Euch hege, so würde mir etwas weder sonder-
bar erschienen sein, noch ich mich über den grossen Ver-
dacht in Eurem Briefe gewundert haben, deswegen nämlich,
weil ich Euch nicht geschrieben und Euch vergessen habe.
Doch das ist nichts Neues, noch Grund, sich zu wundern,
wenn, da so viel andere Dinge verkehrt gehen, auch dieses
sich in sein Gegentheil wende. Denn, was Eure Herrlich-
keit mir vorwirft, hätte ich vielmehr Derselben zu sagen.
Aber vielleicht thut Ihr nur so, um mich zu versuchen oder
um das Feuer in mir neu und lebendiger noch zu entfachen,
wenn das überhaupt noch stärker sein kann. Sei dem je-
doch, wie ihm wolle, ich weiss wohl, dass ich nur in der
Stunde Euren Namen vergessen kann, wo ich es auch mit
der Nahrung so thue. Und ersterer ist, wovon ich eigent-
lich lebe. So könnte ich also weit eher die Speise, welche
nur den Körper traurig nährt, vergessen, als Euren Namen,
der Körper und Seele erhält und beide mit so viel Wohl-
gefühl erfüllt, dass ich weder Kummer noch Todesfurcht
empfinden kann, solange ich ihn im Gedächtniss habe. Stellt
Euch vor, in welchem Zustande ich mich befinden würde,
wenn nun auch das Auge noch seinen Theil hätte1)!«
, »Signore mio caro. — Se io non avessi creduto avervi fatto certo
del grandissimo, anzi smisurato amore che io vi porto, non mi sare' paruta
cosa strana, nd mi sare' maraviglia il gran sospetto che voi mostrate per
la vostra avere avuto per non vi scrivere, che io non vi dimentichi. Ma
non ^ cosa nuova, n^ da pigliarne ammirazione, andando tante altre cose
 
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