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Scheftelowitz, Isidor
Das Schlingen- und Netzmotiv im Glauben und Brauch der Völker — Gießen, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.13441#0059
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Das Schlingen- und Netzmotiv im Glauben und Brauch der Völker 49

thrake trugen eine purpurne Binde um den Leib1. Dem
Gürtel der Aphrodite wohnt die Zauberkraft der Liebe inne2.
Der Gürtel Thors verleiht große Stärke3. Im Jahre 1307
erhob man gegen Tempelritter die Anklage, daß der Strick,
den sie um den Leib trugen, ihnen als Talisman diene, nach-
dem sie ihn in Berührung mit einem Götzen gebracht hätten *.
Während des russisch-japanischen Krieges haben die japanischen
Frauen Leibbinden für ihre Söhne und Gatten im Kriege an-
gefertigt, die als Amulett gegen Schuß, Hieb und Stich schützen
sollten5. In Süd-Togo erhält der Mawu-Priester bei der Priester-
weihe eine weiße baumwollene Schnur, die er sich umbinden
muße. In Australien und Tasmanien gibt man dem Knaben bei
der Mannbarkeitszeremonie einen Gürtel aus Menschenhaaren7.
In Guayana wird ein netzartiger Gürtel bei gewissen Prüfungen
vor Erlangung der Häuptlingswürde getragen8. Die Frauen
der Tena-Indianer (in Alaska) tragen um ihre Taille ein aus
der Haut des Stachelschweines verfertigtes Band, das nach
ihrem Glauben bewirkt, daß sie ohne Gefahr Kinder zur Welt
bringen werden9. Ähnlich sucht bei den Gräco-Walachen eine
bisher mit Kindern unglückliche Ehefrau von einer Pilgerin
die „Phokea gw^ij Tfjg üavayiag, = Gürtel der Muttergottes),
einen behaarten Ledergurt zu erlangen", den sie sich umgürtet
und bis zur Geburt trägt10. >

1 Vgl. Schol. zu Apoll. Ehod. I 917: Tiegi yäp rrjv xodiav oi fisfivrj-
fiivoi Tcuvias änrovai Tio^fv^äs.

2 iL 14, 214 f.

3 Vgl. Schwenck, Die Sinnbilder der alten Völker 1859, 181.

* J. A. Dulaure, Zeugung in Glauben, Sitten und Bräuchen 1909, 232.
5 E. Schüler, Shinto 1911, 68.

0 J. Spieth, Religion der Ewer 1911, 19.

1 J. Bonwick Origine of the Tasmanians 1870 p. 201. Ein sehr wirk-
samer Schutz gegen bösen Zauber ist bei den Tasmaniern ein Gürtel aus
Menschenhaaren nebst einem Stricke, der aus den Wurzelfasern einer Binse
hergestellt ist (Bonwick aaO. p. 179). Die Tasmanier haben diesen Männer-
gürtel, wie Dr. F. Graebner vermutet, wahrscheinlich während ihrer De-
portation von den Australiern übernommen. Das Anlegen des Gürtels bei
der Jünglingsweihe ist auch in Melanesien häufig.

8 Einen solchen Gürtel besitzt das Bautenstrauch-Joest-Museum, Cöln.

• Anthropos 1911, 701. 10 Ztschr. d. Ver. f. Volksk. IV 143.
Religionsgeschiehtliche Versuche u. Vorarbeiten XII, 2. 4
 
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