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Scheidig, Walther [Hrsg.]; Petrarcameister [Bearb.]
Die Holzschnitte des Petrarca-Meisters: zu Petrarcas Werk 'Von der Artzney bayder Glueck des guten und widerwaertigen', Augsburg 1532 — Berlin: Henschel, 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.54572#0198
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mit zerbrochenem Schwert und zerstückelter Krone ein vierter Herrscher. Im Gegensatz
zum ersten Titel find hier die Herrscher ohne besondere Kennzeichen, die Hinweise auf
Zeitgeschehen bedeuten könnten. Obwohl die vier Winde aus den Bildecken das Rad
umtreiben, ist diese Zeichnung weit weniger dynamisch als die vom Titel des ersten
Buches. Die größere Klarheit, die diese Darstellung befltzt, ist mit einem Verzicht auf
Ausdruck erkauft.

er zweite Teil des Buches, in dem der „Schmerz" stch über sein böses
Glück beklagt und die „Vernunft" das Gute im Unglück aufzuzeigen
sucht, wird von dem Petrarca-Meister mit zwei großartigen Holzschnit-
ten eingeleitet. Ihr Inhalt geht auf die Vorrede Petrarcas zum zweiten
Bande zurück, die mit den Worten beginnt: „Von allem dem, das ich
entweder gelesen habe und mir gefallen hat, oder das ich gehört, hat stch nichts schier,
entweder tiefer eingesetzt oder fester gehaftet, oder ist mir steter zu Gedächtnis kommen,
dann dieser Spruch des Philosophen Heracliti, daß alle Dinge nach Zank, Hader und
Uneinigkeit geschehen und ergehen."
Dieses Grundthema des zweiten Bandes sucht der Petrarca-Meister in den beiden
einleitenden großen Holzschnitten möglichst umfassend darzustellen. Dabei ist mit dem
Nebeneinander der beiden Bilder sogleich gesagt, daß Zank und Widerwärtigkeit ebenso
in der Hütte des Bauern wie im Palaste des Reichen, unter Menschen und Tieren,
auf Erden, auf dem Wasser wie in der Luft herrschen.
In dem ersten Bilde ist ein Dorf angedeutet, mit einer Bauernkate und einem be-
scheidenen, strohgedeckten Kirchlein. In einer fast unübersehbaren Reihe von Einzel-
szenen liegen die Menschen untereinander, Mensch mit Tier, Tiere untereinander,
Mensch und Tier mit den Elementen und schließlich die Elemente miteinander im
Kampf. Es macht die Meisterschaft des Künstlers aus, baß seine Darstellung trotz der
Vielzahl der Szenen klar bleibt. Die Bauernhütte mit dem großen Baum gibt dem
Auge einen ersten Halt. In einer Diagonale, die die Tür der Hütte schneidet, entwickeln
stch die Hauptepisoden, die fast ausschließlich aus der Vorstellungswelt des Bauern
entnommen find. Die Tiere, die mit dem Menschen oder untereinander streiten, find
Haus- und Nutztiere oder deren Leinde wie Bär, Raubfisch und Raubvogel.
H Das andere einleitende Blatt hat eine „Villa", ein ländliches Herrenhaus zum Mit-
telpunkt. Mit umlaufendem Balkon, mit Butzenscheiben in den Fenstern, steinernen
Fenstergewänden und ziegelgedeckten Giebeln bildet es einen Gegensatz zu der Bauern-
kate des ersten Bildes. Zank und Widerwärtigkeit umgeben auch dieses Haus. Der Tod
holt den Jüngling von der Seite der Geliebten fort. Einbrecher plündern von rück-
wärts das Haus. Die Tiere, die hier im Kampf mit dem Menschen und im Kampfe
untereinander gezeichnet stnd, gehören nicht den Haus- und Nuytieren, sondern einer
„aristokratischeren" Gruppe von „nutzlosen" Geschöpfen an: Reiher, Storch, Fuchs,
Hirsch, Taube, Eule, Pferd, Elefant, Schlange, Frosch, Phönix, Drache, Spinne.
 
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