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entstanden sein.1306 Folglich sind die ehemals in Köln befindlichen Tafeln erst zu Lebzeiten von
Dieric Bouts’ Sohn Albrecht geschaffen worden und daher in die Bouts-Nachfolge
einzuordnen. Weiterhin weist diese späte Entstehungszeit auf eine lange Wirkungsdauer der
Bouts’schen Bilderfmdung. Nimmt man das von Schmidt1307 angenommene
Abhängigkeitsverhältnis der Auferstehung auf dem Kalvarienberg-Triptychon von dem des
Meisters der Münchner Gefangennahme an, würde das bedeuten, daß das Kalvarienberg-
Triptychon wahrscheinlich auch erst ab den Jahren um 1490 entstanden sein kann. Im Oeuvre
des Dieric Bouts findet sich noch eine weitere Formulierung der Auferstehung Christi, nämlich
auf einem Tüchleinbild1308 (Abb. 384). Diese nahm im ehemaligen Kreuzigungsaltar des
Meisters, der ebenfalls in die erste Hälfte der 1450er Jahre datiert wird, das rechte untere
Bildfeld neben dem doppelt so hohen Hauptbild mit der Kalvarienbergszene ein.1309 Die
Auferstehungsbilder im Passions- und im Kreuzigungsaltar des Dieric Bouts sowie das Bild des
Bouts-Epigonen weisen trotz der erheblichen Differenz ihrer Entstehungszeit von mehr als
dreißig Jahren kompositorische, motivische und stilistische Gemeinsamkeiten auf, die sie
wiederum mit dem Auferstehungsbild des Kölner Kalvarienberg-Triptychons teilen. Wie in den
niederländischen Bildern ordnete der Maler den segnenden Christus in der Tafelmitte an,
aufrecht stehend mit der Kreuzesfahne in der rechten Hand. Als soeben Auferstandener, als
Überwinder des Todes, steht er dem Betrachter frontal gegenüber. Auch nehmen die drei
Grabwächter auf dem Kölner Stück ganz ähnliche Sitz- bzw. Liegehaltungen wie auf den
niederländischen Bildern ein. Anhand ihrer Körperhaltungen sind drei Stadien der Reaktion auf
die Erscheinung des Auferstandenen dargestellt: Ein Wächter hockt zusammengekauert und
hat das Ereignis noch überhaupt nicht bemerkt, der zweite ist von der Erscheinung erschreckt
und liegt ausgestreckt am Boden, der dritte ist schon im Begriff sich zu erheben. In all den
Bildern sitzt die drittgenannte Figur auf ihrem an den Körper gezogenen Oberschenkel,
während das jeweils andere Bein angewinkelt auf dem Erdboden steht. Die Sitzfigur des
1306 Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Peter Klein, Ordinariat für Holzbiologie, Universität Hamburg,
Schreiben vom 6.10.1994; Vgl. Kap. 3.4.2.
1307 Schmidt, H.M., 1978, S. 83.
1308 Pasadena, Norton Simon Museum, Tempera auf Leinwand, 90 x 94,3 cm.
1309 Vom Kreuzigungsaltar des Dieric Bouts haben sich außer der Auferstehung das Kalvarienbergbild
(Brüssel, MRBAB/KMSKB, Inv.Nr. 8181, Tempera auf Leinwand, 181,5 x 153,5 cm), die Verkündigung
(Malibu, J.Paul Getty Museum, Inv.Nr. 85.PA.24, Tempera auf Leinwand, 90 x 74,5 cm) und die
Grablegung Christi (London, The National Gallery, Inv.Nr. NG664, Tempera auf Leinwand,
90,2 x 74,3 cm) erhalten; Zur Rekonstruktion und Datierung des Kreuzigungsaltars vgl. Koch, R. A., 1988,
S. 509-516.
entstanden sein.1306 Folglich sind die ehemals in Köln befindlichen Tafeln erst zu Lebzeiten von
Dieric Bouts’ Sohn Albrecht geschaffen worden und daher in die Bouts-Nachfolge
einzuordnen. Weiterhin weist diese späte Entstehungszeit auf eine lange Wirkungsdauer der
Bouts’schen Bilderfmdung. Nimmt man das von Schmidt1307 angenommene
Abhängigkeitsverhältnis der Auferstehung auf dem Kalvarienberg-Triptychon von dem des
Meisters der Münchner Gefangennahme an, würde das bedeuten, daß das Kalvarienberg-
Triptychon wahrscheinlich auch erst ab den Jahren um 1490 entstanden sein kann. Im Oeuvre
des Dieric Bouts findet sich noch eine weitere Formulierung der Auferstehung Christi, nämlich
auf einem Tüchleinbild1308 (Abb. 384). Diese nahm im ehemaligen Kreuzigungsaltar des
Meisters, der ebenfalls in die erste Hälfte der 1450er Jahre datiert wird, das rechte untere
Bildfeld neben dem doppelt so hohen Hauptbild mit der Kalvarienbergszene ein.1309 Die
Auferstehungsbilder im Passions- und im Kreuzigungsaltar des Dieric Bouts sowie das Bild des
Bouts-Epigonen weisen trotz der erheblichen Differenz ihrer Entstehungszeit von mehr als
dreißig Jahren kompositorische, motivische und stilistische Gemeinsamkeiten auf, die sie
wiederum mit dem Auferstehungsbild des Kölner Kalvarienberg-Triptychons teilen. Wie in den
niederländischen Bildern ordnete der Maler den segnenden Christus in der Tafelmitte an,
aufrecht stehend mit der Kreuzesfahne in der rechten Hand. Als soeben Auferstandener, als
Überwinder des Todes, steht er dem Betrachter frontal gegenüber. Auch nehmen die drei
Grabwächter auf dem Kölner Stück ganz ähnliche Sitz- bzw. Liegehaltungen wie auf den
niederländischen Bildern ein. Anhand ihrer Körperhaltungen sind drei Stadien der Reaktion auf
die Erscheinung des Auferstandenen dargestellt: Ein Wächter hockt zusammengekauert und
hat das Ereignis noch überhaupt nicht bemerkt, der zweite ist von der Erscheinung erschreckt
und liegt ausgestreckt am Boden, der dritte ist schon im Begriff sich zu erheben. In all den
Bildern sitzt die drittgenannte Figur auf ihrem an den Körper gezogenen Oberschenkel,
während das jeweils andere Bein angewinkelt auf dem Erdboden steht. Die Sitzfigur des
1306 Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Peter Klein, Ordinariat für Holzbiologie, Universität Hamburg,
Schreiben vom 6.10.1994; Vgl. Kap. 3.4.2.
1307 Schmidt, H.M., 1978, S. 83.
1308 Pasadena, Norton Simon Museum, Tempera auf Leinwand, 90 x 94,3 cm.
1309 Vom Kreuzigungsaltar des Dieric Bouts haben sich außer der Auferstehung das Kalvarienbergbild
(Brüssel, MRBAB/KMSKB, Inv.Nr. 8181, Tempera auf Leinwand, 181,5 x 153,5 cm), die Verkündigung
(Malibu, J.Paul Getty Museum, Inv.Nr. 85.PA.24, Tempera auf Leinwand, 90 x 74,5 cm) und die
Grablegung Christi (London, The National Gallery, Inv.Nr. NG664, Tempera auf Leinwand,
90,2 x 74,3 cm) erhalten; Zur Rekonstruktion und Datierung des Kreuzigungsaltars vgl. Koch, R. A., 1988,
S. 509-516.