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Ehninger Altars „(...) sich zu Dierick Bouts verhält wie Herlin zu Rogier“1335. Ein solches
Rezeptionsverhalten, d.h. die weitgehend getreue motivische und stilistische Übernahme eines
Vorbildes, findet sich in der Kölner Malerei kein einziges Mal. Bestätigt wird dies auch durch
das Auferstehungsbild im Kalvarienberg-Triptychon: Zwar entstand es in Auseinandersetzung
mit niederländischen Bildvarianten des Themas, doch kam der Maler zu einer eigenständigen
Lösung. Auch war die sich ehemals vor Ort befindliche Auferstehungstafel des Meisters der
Münchner Gefangennahme nicht die alleinige Inspirationsquelle, und daher ist deren von der
Forschung so betonte Vorbildfunktion abzuschwächen. Erstaunlich sind die Parallelen
zwischen der liegenden Grabwächterfigur des Kölner Auferstehungsbildes und der Rückenfigur
in Memlings Weltgerichtstriptychon, auf die hier erstmals aufmerksam gemacht werden konnte.
Die Darstellung eines geschlossenen Sarkophags und der Verzicht auf den kontinuierenden
Erzählstil entsprechen einer Bildkonvention, die das Gemälde fest in der Tradition Kölner
Auferstehungsbilder verankert.
Das Kalvarienbergbild
Die Kreuzigung (Abb. 379) ist Thema der Mitteltafel des Triptychons. In der Tafelmitte ist
am vorderen Bildrand das Kreuz Christi angeordnet, unter dem Maria und Johannes d.Ev.
stehen. Zu Füßen des Kreuzes befindet sich ein Wappenschild mit der Hausmarke der Kölner
Familie Questenberg. Rechts von der Gottesmutter sind die drei Marien aufgereiht. In der
zweiten Bildebene nehmen die Kreuze der beiden Schächer das linke und rechte Tafeldrittel
ein. Berittene Soldaten und der Gute Hauptmann sind unter den Kreuzen versammelt. Die sich
auf dem Berg Golgotha abspielende Kreuzigung wird von einer Jerusalemansicht hinterfangen,
die aus einer nicht identifizierbaren Stadtarchitektur in heimischer Landschaft mit einem Fluß
und Hügeln gebildet wird. Darüber erhebt sich der Goldgrund der Tafel.
Nähere Aufschlüsse über die Besonderheiten dieses Kalvarienbergbildes liefert der Vergleich
mit der Version des Themas auf dem Kueser Passions-Triptychon (Abb. 372). Beide ähneln
sich sehr stark in der Erfassung des Bildraums und im Bezug auf das Verhältnis zwischen
Figuren und Landschaft. Die Landschaftsschilderung mit ihrer enormen Tiefenentwicklung läßt
einen jeweils weiten Bildraum entstehen, der jedoch nur Beiwerk ist. Auch sind beide Szenen
auf ein für Kalvarienbergbilder ungewöhnlich kleines Personal beschränkt. Entsprechungen
finden sich zudem bei den Gesichtstypen der Figuren. Besonders auffällig ist die gleiche

1335 Friedländer, M.J.: Die altniederländische Malerei, Bd. 3: Dierick Bouts und Joos van Gent, Berlin 1925,
Kat.Nr. 78, S. 123; Friedländer, M.J., ENP III. Kat.Nr. 78, S. 70.
 
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