Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
85

dem Begriffe beygesellte bildliche Vorstellung eine Menge von
Empfindungen und Nebenvorstellungen rege macht, für die
fich kein Ausdruck in der Sprache findet. Das Vermögen
der Mittheilung aesthetifcher Ideen zeige sich eigentlich in
der Dichtkunst in seinem ganzen Maße, und bestehe in der 5
Fähigkeit die Gemüthsftimmung bey einer gewissen Vor-
stellung auszudrücken, das Unnennbare darin mittheilbar
zu machen.
Ich fürchte daß dieß Unnennbare nichts weiter ist, als
die anerkannte Unzuläng- s18«j lichkeit der Sprache irgend 10
eine innre Anschauung ganz zu erreichen, weil sie nur allge-
meine nnd willkührliche Zeichen hat, welche der Verstand sich
so viel möglich zuzueignen sucht. Hieraus erhellet die Noth-
wendigkeit die Sprache in der Poesie nicht als bloßes Werk-
zeug des Verstandes zu behandeln; allein dieß geschieht schon m
im gemeinen Leben nicht, sobald wir etwas lebhaft beschreiben
oder eine Leidenschaft äußern wollen, welches noch lange keine
Poesie ist, wiewohl poetische Elemente dabey vorkommen. Ja
man kann sagen daß die Sprache, als eine Sammlung von Be-
griffszeichen, niemals auch nur eine einzige individuell bestimmte 20
einzelne Vorstellung von einem äußern Gegenstände ganz
erschöpfen kann, mithin würde jede solche, z. B. die von
diesem oder jenem Baume, eine aesthetische Idee seyn.
Mit der Hoffnung auf diese hätten wir uns also Wohl
betrogen, und müssen sie fahren lassen. In einem der letzten 25
Abschnitte sagt Kant noch: „es liege im Geschmacksurtheil
(nach unsrer Art zu reden im Gefühl des Schönen) eine
Beziehung auf den reinen Vernunstbegriss oder die Idee des
Übersinnlichen", worüber er gar geheimnißvolle Winke giebt.
Hier denkt man, kommt es nun also endlich zum Durchbruch; 30
denn was ist das Übersinnliche anders, als das Absolute, das
Unbedingte, das Unendliche, oder wie man es sonst nennen
will, worauf wir eine s18kj Beziehung im Schönen behaupten
und dargethan zu sehn verlangen. Allein auch hier wird es
wieder rückgängig, denn letztlich betrachtet er das Schöne als 35
das Symbol (Symbol ist nach Kant die mittelbare Dar-
stellung einer Idee vermittelst einer Analogie oder Über-
 
Annotationen