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desselben der Kunst einen eignen Abschnitt gewidmet. Er
stellt sie auf ihren wahren Gipsel als die Auflösung eines
unendlichen Widerspruches im Menschen, die Wiedervereinigung
der entzweyten Strebungen des menschlichen Geistes in letzter
5 Instanz. Weil nun die Philosophie die ursprüngliche Einheit
dieser Strebungen behauptet, und von ihr ausgehl s19«s um
die ganze Erscheinung unsers Daseyns begreiflich zu machen,
so seh die Kunst das einzige wahre und ewige Organon zu-
gleich und Document der Philosophie. Die Art, wie diese
10 Resultate abgeleitet sind, könnte ich hier nicht entwickeln, ohne
in den ganzen Zusammenhang des Systems ein- und bis auf
feine ersten Grundsätze zurückzugehen. Wir begnügen uns
also eine Stelle mitzutheilen, welche allgemein verständlich
das Wesen der Kunst schildert. S. 475, 476. — Wir
is sehen, wie weit entfernt eine Philosophie, welche man für
eine unerfreuliche leere Grübeley hat ausschreyen wollen,
davon ist das innre Leben zu ertödten, wie es vielmehr ihr
angelegentlichstes Geschäft, dasselbe vor den Ertödtungen des
Verstandes einmal für allemal sicker zu stellen.
20 Nach Schelling ist das Unendliche endlich dar-
gestellt Schönheit, bey welcher Definition das Erhabene,
wie es sich gehört, schon darunter begriffen ist. Hiemit bin
ich vollkommen einverstanden, nur möchte ich den Ausdruck
lieber so bestimmen: Das Schöne ist eine symbolische Dar-
25 stellung des Unendlichen; weil alsdann zugleich klar wird,
wie das Unendliche im Endlichen zur Erscheinung kommen
kann. Man halte das Unendliche nicht etwan für eine philoso-
phische Fiction, man suche es nicht jenseits s19^s der Welt:
es umgiebt uns überall, wir können ihm niemals entgehen;
so wir leben, weben und sind im Unendlichen. Freylich haben
wir seine Gewähr nur in unsrer Vernunft und Fantasie;
mit den äußern Sinnen und dem Verstände können wir es
nie ergreifen, denn diese bestehen eben nur durch ein be-
ständiges Setzen von Endlichkeiten und Verneinen des Un-
35 endlichen. Das Endliche macht die Oberfläche unsrer Natur aus,
sonst könnten wir keine bestimmte Existenz haben; das unendliche
die Grundlage, sonst hätten wir überall keine Realität.
desselben der Kunst einen eignen Abschnitt gewidmet. Er
stellt sie auf ihren wahren Gipsel als die Auflösung eines
unendlichen Widerspruches im Menschen, die Wiedervereinigung
der entzweyten Strebungen des menschlichen Geistes in letzter
5 Instanz. Weil nun die Philosophie die ursprüngliche Einheit
dieser Strebungen behauptet, und von ihr ausgehl s19«s um
die ganze Erscheinung unsers Daseyns begreiflich zu machen,
so seh die Kunst das einzige wahre und ewige Organon zu-
gleich und Document der Philosophie. Die Art, wie diese
10 Resultate abgeleitet sind, könnte ich hier nicht entwickeln, ohne
in den ganzen Zusammenhang des Systems ein- und bis auf
feine ersten Grundsätze zurückzugehen. Wir begnügen uns
also eine Stelle mitzutheilen, welche allgemein verständlich
das Wesen der Kunst schildert. S. 475, 476. — Wir
is sehen, wie weit entfernt eine Philosophie, welche man für
eine unerfreuliche leere Grübeley hat ausschreyen wollen,
davon ist das innre Leben zu ertödten, wie es vielmehr ihr
angelegentlichstes Geschäft, dasselbe vor den Ertödtungen des
Verstandes einmal für allemal sicker zu stellen.
20 Nach Schelling ist das Unendliche endlich dar-
gestellt Schönheit, bey welcher Definition das Erhabene,
wie es sich gehört, schon darunter begriffen ist. Hiemit bin
ich vollkommen einverstanden, nur möchte ich den Ausdruck
lieber so bestimmen: Das Schöne ist eine symbolische Dar-
25 stellung des Unendlichen; weil alsdann zugleich klar wird,
wie das Unendliche im Endlichen zur Erscheinung kommen
kann. Man halte das Unendliche nicht etwan für eine philoso-
phische Fiction, man suche es nicht jenseits s19^s der Welt:
es umgiebt uns überall, wir können ihm niemals entgehen;
so wir leben, weben und sind im Unendlichen. Freylich haben
wir seine Gewähr nur in unsrer Vernunft und Fantasie;
mit den äußern Sinnen und dem Verstände können wir es
nie ergreifen, denn diese bestehen eben nur durch ein be-
ständiges Setzen von Endlichkeiten und Verneinen des Un-
35 endlichen. Das Endliche macht die Oberfläche unsrer Natur aus,
sonst könnten wir keine bestimmte Existenz haben; das unendliche
die Grundlage, sonst hätten wir überall keine Realität.