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schiednen Gegenstände seiner Dramen sich auf das mannig-
faltigste modifizirt? Ja man kann auch das Gesetzmäßige in-
dem Gange seines Künstlerlebens, seine verschiedenen Epochen
oder Style sehr gut angeben. —- Calderon kann uns als
L Beyspiel eines von dem ZiiaNsxaura'sellsii ganz verschieden,
jedoch eben so vollendeten Styles im romantischen Drama
dienen.
Das Urtheil über Styl und Manier, besonders über den
Punkt wo jener in diese, das Objektive in Subjektives, das
m Allgemeine in Individuelles übergeht, gehört zu den schwie-
rigsten Punkten der Kennerschaft, und eben um sich diese
anzumaßen, werden diese Worte so häufig gebraucht, und
nicht selten verkehrt angebracht. Ich will noch auf die besondre
* Schicklichkeit des beyden znm Grunde liegenden. Bildes auf-
15 merksam machen. Llunitzru kommt offenbar von munus
her, und bedeutet ursprünglich die Führung der Hände. Diese
gehören mit zu unsrer Person, und es können sich also dabey
leicht körperliche Angewöhnungen einschleichen. Ktilus hin-
gegen ist der s187s Griffel, womit die Alten in Wachstafeln
20 schrieben: dieser gehört nicht mit zu uns, sondern er ist das
Werkzeug unsrer freyen Thätigkeit. Die Beschaffenheit des
Griffels bestimmt freylich die unsrer Züge, aber wir haben
ihn selbst gewählt, und könnten ihn mit einem andern
vertauschen.
25 Wenn man die schaffende Natur, als die große uni-
verselle Künstlerin, besonders in Hervorbringung organischer
Naturen, betrachtet, so kann man ihr auch einen Styl und
Manieren zuschreiben, und vielleicht ließe sich von diesem
Standpunkte aus die häufig aufgeworfne Streitfrage entscheiden,
so ob es von der menschlichen Schönheit bloß nationale Urbilder
gebe, oder ob etwas darin allgemein gültig sey? — Die
Bilder eines Mahlers, in welchen beständig dieselben Köpfe,
Proportionen der Figuren, Hände und Füße u. s. w. wieder
vorkommen, erkennen wir sogleich ohne Bedenken für manierirt,
35 weil wir sehen, 'daß er aus persönlicher Dürftigkeit den
Reichthum und die Mannigfaltigkeit der Natur ungebührlich
 
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