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Schliemann, Heinrich
Troia und seine Ruinen: Vortrag von Heinrich Schliemann gehalten in der Aula der Universität Rostock den 17. August 1875 — Waren, 1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.958#0021
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daselbst befindet sich ein silbernes Diadem aus Abyssinien, welches einem der grossen goldenen troiani-
schen Diademe in der Form sehr nahe kommt. In der Sammlung alter peruanischer Terracotten ist eine
Vase mit Eulenkopf und ein Dutzend Vasen iu Form von Thieren mit einer schornsteinartigen
Oeffnung an der Stelle des Schwanzes, ganz so wie sie auch in Troia vorkommen. Ich erwähne ferner
die ägyptischen Terracotta-Jagdflaschen und die kyprischen thönernen Milchflaschen, auch die
verzierten alt-peruanischen Brummkreisel; auch diese Gegenstände finden ihre Analogien unter den
troianischen Funden.

Die kürzlich von mir untersuchten Museen in Leyden, Kopenhagen, Stockholm, Lübeck,
Schwerin, Breslau, Wien und Mainz enthalten ausser den steinernen Instrumenten und Waffen
nicht das Mindeste, was den troianischen Alterthümern ähnlich wäre. Im Berliner Museum er-
innert nur der goldene Ring mit den Spiralen, unter N. 3407, an die troianischen Ohrringe. Im
Museum in Pest sah ich unter den auf dem Grabfelde von Szibalom ausgegrabenen Alterthümern
mehrere Gegenstände, welche in ähnlicher Weise auch in Troia vorkommen; dazu gehören die nur 2lfa
Zoll langen Trichter von gebrannter, und die durchbohrten Cylinder und Pyramiden von ungebrannter,
nur an der Sonne getrockneter Terracotta, welche letztere, soviel ich weiss, sonst nur noch in den
schweizer Pfahlbauten gefunden sind. Merkwürdigerweise haben alle in Szihalom gefundenen Gefässe
sowohl hinsichtlich ihrer Form als ihrer Farbe und ihrer eingeschnittenen, mit weissem Thon aus-
gefüllten Verzierungen viele Aehnlichkeit mit den von mir in Hissarlik in 6V2 Fuss Tiefe, sogleich
unterhalb der hellenischen Ruinen, ausgegrabenen 70 Vasen, welche weder den historischen noch
den vorhistorischen Alterthümern in Hissarlik ähnlich sind.

Ich habe noch beizufügen, dass ich niemals eine Spur von Eisen oder Glas in Troia
gefunden habe.

Dies, meine Herren, ist eine kurze Uebersicht über die zahlreichen Denkmäler, welche ich das
Glück gehabt habe während meiner dreijährigen umfangreichen Ausgrabungen, in einem höchst unge-
sunden Klima, aus den Tiefen des Berges Hissarlik hervorzuholen, wo sie seit 44 Jahrhunderten
begraben lagen. Mein Unternehmen hat viele verschiedene und oft ganz entgegengesetzte Meinungen
hervorgerufen. Manche haben mich mit Lob, manche mit Beschimpfungen überhäuft. Vertrauensvoll
überlasse ich es nun dem Urtheil dieser Versammlung von Philologen und Freunden der Alter-
thumskunde, ob und wie weit es mir durch meine uneigennützigen Arbeiten gelungen sein dürfte,
auf die dunkeln vorhistorischen Zeiten Griechenlands einiges Licht zu werfen und die grosse Frage
gelöst zu haben, ob und wo in Wirklichkeit jenes Troia vorhanden gewesen sei, mit welchem das
höchste Meisterwerk griechischer Poesie und die ruhmreichste aller Legenden der griechischen
Geschichte für immer verbunden sind.

Dr. Heinrich Schliemaim.
 
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