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Schliemann, Heinrich
Orchomenos: Bericht über meine Ausgrabungen im böotischen Orchomenos — Leipzig, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.961#0006
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blickt, können in dieser Hinsieht kaum einen Zweifel übriglassen.
Aber am Fusse des kegelförmigen Hügels Poikilos, vor dem
Eingange zum Engpasse (20 Min.), scheint sich die heilige
Strasse zur Rechten gewandt zu haben, während die jetzige
links geht. Der Engpass wird rechts vom Berge Ikaros, links
vom Berge Korydallos (d. h. Haubenlerche, alauda cristata) be-
grenzt, auf welch letzterem man einen Thurm und die Ruinen
von Mauern erblickt. Zur Linken, beim Eintritt in den Engpass,
sieht man in einer Ausgrabung Fundamente aus grossen Steinen,
welche das im Jahre 1855 vom General Vassoignes entdeckte be-
rühmte Grab der Frau des Makedoniers Harpalos bezeichnen.
Diese war aber keine andere als die Hetaera Pythionike, in die
sich Harpalos so verliebte, dass er sie nicht nur zu seiner Ehe-
frau machte, sondern ihr auch nach ihrem Tode ein Grabmal
errichtete, welches Pausanias * als das prachtvollste und sekens-
wertheste aller alten griechischen Grabmäler bezeichnet. Der
Engpass. von Daphne ist leicht zu vertheidigen; derselbe bildet
die directe Strasse vom Peloponnes nach Athen und war daher
im Alterthum in militärischer Hinsicht von höchster Wichtigkeit.
Vom höchsten Punkte des Passes (20 Min.) hat man, zurück-
blickend, eine herrliche Ansicht von Athen, der Ebene, dem
Piraeus und den umliegenden Bergen.

Die Strasse geht von dort, auf einer sanften Bodenneigung,
zu dem in einem kleinen niedlichen Thale gelegenen Kloster von
Daphne hinab, das theilweise in Ruinen ist. In den Wän-
den der Kirche, sowie in den Umfassungsmauern sind viele
behauene Marmorblöcke, die offenbar von einem alten helle-
nischen Gebäude und ohne Zweifel von dem von Pausanias2
erwähnten Apollotempel herstammen. Wahrscheinlich stand
aber dieses Heiligthum nicht auf der Stelle des Klosters, son-

1 Pausanias I, 37, 5.

2 Ebendas. I, 37, 5.
 
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