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Schliemann, Heinrich
Ilios, Stadt und Land der Trojaner: Forschungen und Entdeckungen in der Troas und Besonderes auf der Baustelle von Troja — Leipzig, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.963#0144
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V

L20

JiAS LAND UHU TROJANER

[l-

duote, an üeberfluss alles zum Leben Nothwendigen nur wenige Länder
der Erde einen Vergleich mit ihm aushalten können. Dasselbe kann
von dem ganzen Kleinasien gesagt werden, das im Alterthum durch den
Luxus und den Keichthum seiner Einwohner berühmt war; insbesondere
aber seheint Phrygien in hohem Maasse von der Natur begünstigt wor-
den zu sein. Seine Wälder und Weideländer sind grüner als die der
benachbarten europäischen Länder und die Fruchtbarkeit seines Bodens
stellt, der des übrigen Asien durchaus nicht nach, und dazu kommt
noch, dass es weder die strengen Winter der erstem noch die sengende
Hitze des letztem bat. Das Einzige, woran es ihm gebricht, sind Men-
schen. Desunt manus posGmtibus arvisl Der Maugel an Bevölkerung
hat alle diese Segnungen in ebenso viele Plagen verwandelt; ja, er ist
auch die Ursache jener postilontialischen Miasmen, welche die Krank-
heiten, die Homer unter dem Bilde der von dem zürnenden Apollo ge-
schleuderten Pfeile schildert, im Lande endemisch gemacht haben. Der
ungemein malerische Anblick, den das Land gewährt, erinnert den Eng-
länder manchmal an die Landschaften seiner Heimat. Diese Aehnlich-
keit verdankt es einmal der Form seiner von grünen Hecken umzogenen
Felder, dann aber auch den hier und da regellos verstreuten Bäumen,
die bald einzeln, bald in Gruppen beieinanderstehen und dem Ganzen
das Aussehen eines Parks oder einer grossen Besitzung geben, die das
Auge des Reisenden durch abwechselnde Bilder erfreuen soll. Nur
wenige Weinberge linden sieh hier vor; am meisten wird Getreide
gebaut."

V. Panorama der Ebene von Trojd.

Ich kann wol behaupten, dass die eigentliche Ebene von Troja mehr
noch als der übrige Theil des Landes sich durch üppige Fruchtbarkeit
des Bodens und glänzende Schönheit der Landschaftsbilder auszeichnet.
Ich bitte den Leser, mich an einem Frühlingsabend bei Sonnenunter-
gang auf den Gipfel von Ilissarlik zu begleiten, damit er sieh über-
zeugen könne, wie sehr die Troer vor allen übrigen Sterblichen
durch die herrliche Lage ihrer Stadt bevorzugt waren.1 Unmittelbar
vor uns breitet sich die von dem Simoeis und dem Kalifatli Asniak. dem
alten Skaniandcr, begrenzte Ebene aus, das Feld der Hauptschlachten
der llias und der Schauplatz so vieler Ileldenthaten. Sie ist mit Korn-
feldern und mit unzähligen rothen und gelben Blumen bedeckt. Sie er-
streckt sich eine (englische) Meile weit bis an den Vereinigungspunkt
der beiden Flüsse dicht bei dem Dorfe Kum Kioi, dessen kleine mit
Terrassen versehene Häuser den Lehmhütten der ägyptischen Fellahs
ähnlich sehen. Der mit Valonea-Eichen bewachsene Bergrücken zur Rech-
ten des Dorfes zieht sich in nordöstlicher Richtung bis zudem Vorgebirge
Rhoiteion, auf dessen einer, nach links gelegener niedrigerer Anhöhe
wir den Tumulus erblicken, den die Sage dem Aias zuschreibt; sein
Gipfel erhebt sich, nach Burnoufs Messung, 40,22 m über dem Meere.

1 Vgl. Abbildung Nr. 21.
 
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