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Schlosser, Julius von [Hrsg.]
Der burgundische Paramentenschatz des Ordens vom Goldenen Vliesse — Wien, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3995#0005
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ihrer Unvollständigkeit (die beiden Antependien fehlen) unseren Anforderungen
nicht mehr Stand zu halten. Ein Blick auf die Jahreszahl zeigt überdies, daß
heute, nach fast einem halben Jahrhundert, von diesen Photographien, übrigens einer
sehr achtungswerten Leistung des damaligen Hofphotographen L. Angerer, schwerlich
viel zu erwarten ist, um so mehr, als das Format recht beschränkt (zirka 30: 33 cm
Plattengröße) ist und Details nur in geringem Maße gegeben sind. Vor allem sind
jedoch, wie es bei diesem Reproduktionsverfahren begreiflich ist, nur sehr wenige
Exemplare hergestellt worden, und diese, in ganz minimaler Zahl in den Handel ge-
kommen, heute kaum mehr aufzutreiben. Das ganze ist deshalb auch nur im engsten
Kreise bekannt geworden. Dem Österreichischen Museum soll jedoch seine Tat unver-
gessen bleiben; seiner Textiliensammlung, die in ihren Jugendtagen die vorbildliche
Sammlung auf dem Kontinente gewesen ist, an der später noch Männer gleich
Wickhoff und Riegl ihre Schule durchgemacht und entscheidende Lebensanregungen
erhalten haben, mußte das Thema besonders naheliegen. Es ist kein selbstgefälliges Lob,
das sich behaglich im Schatten des heimischen Kirchturmes niederläßt, wenn die Geleit-
worte des Textes den unvergleichlichen Paramentenschatz »das Schönste seiner Art,
das Schönste, was die Stickkunst jemals geleistet hat, sicher das Schönste und
Vollendetste, was uns von ihren Werken erhalten ist,« nennen. Von einer anderen
Straße her ist Max Dvorak zu einem ähnlichen Gesamtresultate gelangt; er sieht in
ihm eines der wichtigsten Denkmäler, das wir für die große Entwicklung der nieder-
ländischen Malerei vom Anfang des 15. Jahrhunderts besitzen, und das wir, »was Be-
deutung und kunstgeschichtliche Stellung anlangt, in eine Parallele mit den Skulpturen
der Karthause von Dijon und mit dem Gebetbuche von Chantilly stellen können«.

Ebensowenig soll es dem Österreichischen Museum, als der eigentlichen Pepiniere
kunstgeschichtlicher und kunsttechnischer Forschung in jener Zeit, vergessen werden,
daß von ihm die Feststellung der eigentümlichen Technik dieser Altargewänder aus-
gegangen ist.

Schon im Jahre 1858 hatte E. v. Sacken, der verdienstvolle Direktor der einstigen
Ambraser Sammlung, in den »Mittheilungen der k. k. Centralcommission« (III, 113)
den burgundischen Meßgewändern einen Artikel gewidmet, beiläufig gesagt, die
einzige selbständige Behandlung, die diese Zimelien jemals in der Literatur gefunden
haben; freilich hat sich auch Sacken vorwiegend auf eine Beschreibung des Marien-
mantels beschränkt. Der Artikel war als Präludium einer vollständigen und kost-
spieligen Reproduktion gedacht, die der damalige Akademieprofessor Rösner im
Verein mit Schülern plante. Natürlich konnte es sich nach dem damaligen Stande
der Technik nur um kolorierte Nachzeichnungen handeln, die dann, etwa in der
Weise der großen französischen Luxuspublikationen jener Zeit (Bastard, Du Sommerard,
Labarte etc.) in Farbendrucken vervielfältigt werden sollten. Dieses Unternehmen,
aus dem wir übrigens heute ebenfalls keinen allzugroßen Nutzen mehr ziehen würden,
ist niemals zustandegekommen; die ein paar Jahre später erschienene Publikation
des Österreichischen Museums hat die Lücke notdürftig ausgefüllt.

Auch für die nunmehr vorliegende Publikation, die erste, die diesen Namen mit
Recht tragen dürfte, hat als Ideal zunächst eine vollständige mechanische Repro-
 
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