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Schlosser, Julius von [Hrsg.]
Der burgundische Paramentenschatz des Ordens vom Goldenen Vliesse — Wien, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3995#0006
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duktion in Farben vorgeschwebt. Leider muß gesagt werden, daß wir auch heute
noch nicht in der Lage sind, selbst mit Aufwendung ganz außerordentlicher Geld-
mittel, farbige Aufnahmen mit voller Aussicht auf deren Gelingen zu unternehmen.
Das könnte namentlich hier in Wien, an einem Zentrum technischen Könnens dieser
Art, befremdlich erscheinen, in einer Zeit, die uns mit farbigen Reproduktionen nach
alter und neuer Kunst schier übersättigt. Aber hier darf es sich nicht um Abbildungen
in der Art derer handeln, mit denen das bildungslüsterne Publikum genasführt wird,
jenen Farbenkitsch, den F. Avenarius eben erst in seinem trefflichen »Kunstwart«
(Februar 1911) treffend und schonungslos beleuchtet hat. Im besonderen bieten die
burgundischen Paramente mit dem unerhörten Nuancenreichtum ihrer im Licht
wechselnden, von dem matten Seidenglanz des Materials bestimmten Polychromie,
dem wundervollen Or vieux, das als Grund unter allen Teilen liegt, das ganze
magisch durchleuchtet und ihm die höchsten Lichter aufsetzt, ein technisches Problem
dar, dessen erfolgreiche Bewältigung noch geraume Zeit und in vollem Maße wohl
immer unmöglich sein wird. So haben wir bei der Herausgabe es lieber bei dem be-
scheideneren monochromen Lichtdruck bewenden lassen, auch von dem Bestreben ge-
leitet, eine wirkliche, das heißt weiteren Kreisen zugängliche Publikation vorzulegen.

Gleichwohl soll hier doch wenigstens der Versuch gemacht werden, eine Ahnung
von dem farbigen Eindruck dieser unvergleichlichen Stoffe zu übermitteln. Freilich ist
der Dreifarbendruck, zu dem wir greifen mußten, nur als eine Übersetzung in eine
fremde und dem Original eigentlich inadäquate Sprache anzusehen, die eben nur
das leisten kann, was man von einer treuen und guten Übersetzung erwarten darf.
Das bezieht sich namentlich auf die Wirkung des Goldfonds. Es sind hier zwei
Ausschnitte aus dem Johannesmantel gegeben, deren einer die bildmäßige Einzel-
wirkung eines solchen Tableaus vermitteln soll, der andere die Art, wie diese in
ihrer ornamentalen und farbigen Umgebung erscheinen.

Den begleitenden Text möge man lediglich und ausschließlich als einen bescheidenen
Cicerone ansehen, der nur über das Wesentliche und Nächstliegende orientieren soll.
Eine selbständige Arbeit über diese singulären Stücke liegt außerhalb der Absichten
und der Kräfte des Verfassers; die vorliegende Publikation soll eben nichts als eine
Publikation sein, handgerechtes Material für eindringende wissenschaftliche Arbeit.
Mit Recht hat schon vor einem halben Jahrhundert De Laborde in seiner aus-
gezeichneten »Notice des emaux« (II, 177, s. v. Broderie) gesagt: »Je ne sais pas
de plus grand Service ä rendre aux arts que d'ecrire une histoire de la broderie; ce
serait, non pas le complement mais l'introduction et l'accompagnement oblige d'une
veritable histoire de la peinture. L'une et l'autre nous manquent« — fügt der
Autor hinzu — es gilt noch für den heutigen Tag.

Die nördlichen und südlichen Niederlande allein besitzen noch heute eine Fülle
von Beispielen derselben und verwandter Technik, Borten von Kirchengewändern u. a.;
Prof. W. Vogelsang in Utrecht bereitet eine Publikation dieses Materials vor. Das
ganze Gebiet ist heute noch kaum zu überblicken.

Ein Wort soll noch den Farbenangaben gewidmet sein, denen man in neuerer
Zeit, und mit Recht, gegenüber der planlosen Willkür früherer Zeit, besondere Auf-
 
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