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Schlosser, Julius von
Die Kunstliteratur: ein Handbuch zur Quellenkunde der neueren Kunstgeschichte — Wien, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.6715#0020
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Vorerinnerung.

Über Begriff und Umfang der kunsthistorischen Quellenkunde.

Bevor ich die folgenden Kapitel vorlege, glaube ich, einige Zeilen
der Verständigung vorausschicken zu sollen. Worte der Rechtfertigung
sollte dies Unternehmen eigentlich nicht bedürfen, aber bei dem
Zustande unseres Fachs, das noch immer die Kinderschuhe nicht aus-
getreten zu haben scheint und immer wieder bedenklich wird, ob es
sich den historischen "Wissenschaften in der Tat zurechnen solle, gehören
Unternehmungen solcher Art nicht gerade zu den selbstverständlichen
Dingen, im Gegenteil pflegt man sie mit ziemlicher Gleichgültigkeit
beiseitezuschieben, als etwas Lästiges und Langweiliges. Wie dem
nun auch sein mag, — ich habe nicht Lust, hier die Worte des Un-
muts zu wiederholen, die meine »Prolegomena zu Ghibertis Denk-
würdigkeiten« einleiten (im Jahrbuch der Zentralkommission, Wien 1910 :
Über Wesen und Desiderien der Quellenkritik), und muß mich damit
begnügen, festzustellen, daß ich schon als Schüler meines großen Lehrers
Sickel die Kunstgeschichte eben auch nur als historische Disziplin
aufzufassen vermag, wesensverwandt, doch in Aufgaben und zum Teil
in den Wegen verschieden von ihrer Schwesterschaft, der sogenannten
klassischen Archäologie, die ihr wissenschaftlich viel strafferes Wesen
nicht zum geringsten Teile ihrer philologischen Schulung verdankt.
Unter Kunstgeschichte verstehe ich aber hier, mit einer leidlich zu
rechtfertigenden Einschränkung, lediglich die Geschichte der neueren,
und zwar der christlichen Kunst in dem Umfange, in dem sie wirk-
lich historisch geworden zu sein scheint, also etwa von Diokletian bis
auf Napoleon, und dementsprechend wollen die folgenden Abschnitte
auch nur Beiträge zu diesem zeitlichen und örtlichen Umkreise liefern.

Auch der Begriff der Quellenkunde selbst bedarf einer Ein-
schränkung; gemeint sind hier die sekundären, mittelbaren, schrift-
lichen Quellen, vorwiegend also im Sinne der historischen Gesamt-
disziplin die literarischen Zeugnisse, die sich in theoretischem Bewußtsein
mit der Kunst auseinandersetzen, nach ihrer historischen, ästhetischen
oder technischen Seite hin, während die sozusagen unpersönlichen
Zeugnisse, die Inschriften, Urkunden und Inventare. anderen Disziplinen
zufallen und hier nur einen Anhang bilden können.

Schlosser, Kunstliteratur, 1
 
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