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Erste Ansätze zur Kunstgeschichtschreibung außerhalb Italiens.

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offenbarer Anlehnung an die italienischen Vorbilder. Bei der später
zu erwähnenden Perspektivlehre des Jean Pelerin (Peregrinus Viator)
von 1505 liegt der Zusammenhang offen zutage; aber er scheint auch
in einem anderen literarischen Erzeugnis dieser Tage nicht gänzlich
zu fehlen, der Couronne Margaritique des Jean Lemaire, der als
Hofpoet und Hofhistoriograph 1503 bis 1511 in Diensten der Statt-
halterin der Niederlande, Margarete von Osterreich, stand; wir wissen
übrigens, daß er in Italien gewesen ist, 1506 Venedig, 1508 Rom
besucht hat. Das Gedicht ist ein ziemlich hölzerner Lobspruch auf
die Prinzessin, in dem die mittelalterliche Allegorik noch ganz unver-
hüllt auftritt. Merite beruft eine Anzahl von Künstlern, um eine kost-
bare (natürlich wieder allegorisch gemeinte) Krone für die hohe Frau
zu entwerfen; derart kommt ein Künstlerkatalog in dreizehn Strophen
zustande, dessen Urteile über die in der Umgebung der kunstfreudigen
Dame herrschenden Ansichten wohl manches aussagen. Von italieni-
schen Künstlern sind nur der Medailleur Cristoforo Geremia und
Donatello genannt; dem Geiste des Quattrocento, wie er sich etwa
in Filarete ausspricht, steht dergleichen aber wohl ebenso nahe, wie
diese Künstlerkataloge tatsächlich einer alten italienischen Uber-
lieferung entsprechen. Kürzere Listen solcher Art finden sich übrigens
auch in der 150.9 gedruckten Plainte du desire Lemaires, einem ge-
reimten Dialog zwischen Malerei und Rhetorik über den Tod des
Ludwig von Luxemburg, und, wie schon erwähnt, in Pelerins
P erspektivbuch.

Noch mit Händen zu greifen ist die italienische Anregung in dem
ältesten Versuche, deutsche Art und Kunst, vornehmlich in einem
seiner bedeutendsten Mittelpunkte literarisch festzuhalten. Es ist das
durch die neuere Dürerforschung hervorgezogene Büchlein vom Lobe
Germaniens, verfaßt von dem Nürnberger Christoph Scheurl, der
seit 1504 Syndikus der deutschen Station in Bologna war und hier
auch sein Werkchen 1506 hat drucken lassen. Es ist ein Lobspruch
seiner Vaterstadt nach humanistisch-italienischem Muster, wo denn
auch die größte Leistung auf dem Gebiete der Kunst zu ihrem Rechte
kommt; die zweite, in Deutschland gedruckte Ausgabe von 1508 ent-
hält aus persönlicher Erinnerung die wichtigen Nachrichten über Dürers
Jugendjahre, namentlich seinen Aufenthalt in Italien; sie werden noch
durch einen zweiten Bericht des mit dem Künstler nahe befreundeten
Autors von 1515 ergänzt.'

Scheurls Elogium ist charakteristisch genug für die Zeit des
Autors und die Einflüsse, die er erfahren hat. Vor allem ist die
klassisch-humanistische Färbung höchst auffällig. Dürer wird mit den
Malern des Altertums verglichen, unter sofortiger Anrufung des
Plinius. Dieser Zusammenhang stellt sich auch sogleich automatisch
 
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