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180 Erste Ansätze zur Kunstgeschichtschreibung außerhalb Italiens.

wieder her bei einem für die Geschichte der Künstleranekdote recht
ergiebigen Bericht über das Selbstporträt Dürers (das Münchener?)
und die von ihm bei einem Haushündchen bewirkte Täuschung; die
.Sache gehört in das weite Feld der bis auf Rembrandt herab immer
wieder vorgebrachten Maleranekdote des Altertums, die in der Theorie
der Renaissance eine so große Rolle spielt. Eine zweite ähnliche,
über die Täuschung von Dienstmägden durch »mit Fleiß« (ex industria,
ein beliebter Dürerscher Ausdruck!) gemalte Spinnenweben schließt
sich daran. Von Dürers Werken werden außerdem das Rosenkranz-
fest im deutschen Hause zu Venedig, die drei Wittemberger Tafeln
und das in Ferrara gemalte Porträt des Humanisten Riccardo Sbruglio
aus Udine (später durch Scheurls Betreiben nach Deutschland berufen)
samt den schwulstigen, echt italienisch-humanistischen Extempores
desselben angemerkt. Bezeichnend für den nordischen Humanisten
und seine Nachahmung italienischer Concetti ist Scheurls Bemerkung,
daß die (wahre) Kunst der Malerei durch viele Jahrhunderte unter-
brochen, durch die Nürnberger wieder zurückgerufen worden sei,
doppelt merkwürdig in dem Lobspruch auf den deutschesten aller
Maler, dessen persönliche Charakteristik durch Scheurl man übrigens
nicht ohne Anteil lesen wird.

Daß dieser frühe Klassizismus keine vereinzelte Erscheinung ist,
lehrt jedoch die merkwürdige Dürerstelle in einem Dialog des
Erasmus. Die Lobsprüche, mit denen der große Meister hier bedacht
wird, sind freilich nichts als Centonen aus der Künstlergeschichte
des Plinius.

Etwas älter ist Johannes Butzbach, bekannt durch seinen viel-
verschlungenen Lebenslauf, den er in seiner merkwürdigen autobio-
graphischen Aufzeichnung, dem durch D. J. Becker popularisierten
Wanderbüchlein {Odeporicon), frisch erzählt hat. Zuletzt Prior in Laach
(1478 —1526), hat er um 1505 eine kleine Schrift verfaßt, die als
ältester Versuch einer allgemeinen kunstgeschichtlichen Darstellung
auf nordländischem Boden denkwürdig ist. Dieser Libellus de praeclaris
picturae profcssonbus, handschriftlich auf der Bonner Bibliothek
erhalten, ist schon durch den völlig mittelalterlichen Umkreis, dem
er entstammt, merkwürdig; er ist nämlich für eine Nonne, Gertrud
v. Nonnenwerth, die sich mit Miniaturmalerei befaßte, geschrieben.
Und mittelalterlich ist auch, nach den bekannt gewordenen Proben
zu schließen, Inhalt und Form des Werkchens. Voraus geht ein höchst
seltsamer Versuch, die antike Kunstgeschichte (nach Plinius) in kürzester
Form und voll abenteuerlicher Mißverständnisse, ganz in naivem Holz-
schnittstil zu kompendieren; daß sich daran die Aufzählung der authen-
tischen Christus- und Lukasbilder sowie die Erwähnung von Malern
geistlichen Standes aus Zeit und Umgebung des Autors schließen, ist
 
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