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Die Kunsttopographie; Beginn der Guidenliteratur.

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Grabmal des Remus oder die Akademie des Virgil, manche Einzel-
heit ist so phantastisch wie das märchenhafte Rom auf den Bildern
des Quattrocento. Aber daneben zeigt sich der Anteil der Künstler
an den Antikenresten, wie sie sich in Ateliers und Privatsammlungen
angesammelt hatten, und manches merkwürdige, wenn auch schwer
deutbare Material wird hier vermittelt. Die künstlerisch beteiligten
Laien und Dilettanten blieben nicht zurück, freilich ist in ihnen, wie
aus den Anhängen des Anonymus Magliabecchianus hervorgeht, das
alte Pilgrimsinteresse noch sehr stark; es erstreckt sich im übrigen
auch auf andere berühmte Wallfahrtsstätten.

Unter diesen Umständen ist es erklärlich, daß die gedruckten
Führer für den Rompilger, ohne ihre Herkunft von den alten Mira-
bilienbüchern im mindesten zu verleugnen, im Cinquecento allmählich
ein anderes Gepräge annehmen. Der Concetto des mittelalterlichen
(übrigens an die Antike anknüpfenden) »Wunders« beherrscht noch
immer, wie ihren Titel, so den Inhalt. Aus dem Latein in die Volks-
sprache übertragen, verpflanzen sich diese Cose maravigliose dell' alrna
citta di Roma seit dem ersten Venezianer Druck von 1544 bald auch
in die übrigen Sprachen, wie es ebenso bei den alten Mirabilien beob-
achtet werden konnte. Aber diese löschpapierenen Büchlein, die in
zahllosen Auflagen bis tief ins 17., ja ins 18. Jahrhundert reichen,
haben sich doch schon beträchtlich modernisiert.

Immerhin bleibt der Charakter der Pilgerführer auch jetzt im
wesentlichen unberührt. Die alten Mirabiliengeschichten sind freilich
ausgemerzt, dafür ist aber der im 15. Jahrhundert hinzugekommene
Teil, verschiedentlich in den einzelnen Ausgaben vermehrt, derselbe
geblieben. Die Aufzählung der einzelnen Kirchen, ihre Gründungs-
geschichte, ihre geistliche Organisation, die in ihnen zu erlangenden
Indulgenzen, ihre hervorragenden Reliquien stehen durchaus an erster
Stelle; die in ihnen enthaltenen Kunstwerke und gar deren Urheber
kommen nur in besonderen und seltenen Fällen zur Erwähnung. Den
zweiten Teil bildet charakteristischerweise der Führer durch die Ruinen
des alten Rom, als moderner Ersatz der einstigen Wundergeschichten
(la guida Romana per Ii forestieri, che vengono per vedere le antichitä
di Roma, a una per una, in bellissima forma e brevitä, wie es z. B.
in der Ausgabe von 1575 heißt). In drei Tagen wird hier der Fremde
von seinem Cicerone durch die ewige Stadt geleitet; die Belehrung
ist knapp, populär, beiläufig dem Stand der archäologischen Kennt-
nisse des Cinquecento entsprechend; die Fabeln der Mirabilien sind,
wie gesagt, verschwunden. Gelegentlich fällt ein Hinweis auf die eine
oder andere Privatsammlung jener Tage. Wie der erste Teil von
einem Verzeichnis der Ablaßstationen abgeschlossen wird, so dieser
zweite von einem chronologischen Abriß, die Regierungszeiten der
 
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