Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
IQ2

Die Kunsttopographie; Beginn der Guidenliteratur.

deuten hier auf die liebenswürdige Selbstschilderung des Rhodiser
Ritters Sabba di Castiglione, der schon im Orient Sinn und Blick
für Kunst und Altertum geschärft hatte; wir wissen, daß er auf
Rhodos für Isabella d'Este Antiken eingekauft hat (Gaye, Carteggio
ined. II, 53, 82). In dem gelehrten Stilleben seines Alters, in der
friedlichen, heute noch in ihrem Verfall rührend anmutigen Magtone
von Faenza hat er dann seine Lebensweisheit in dem Buche der
Ricdrdi niedergelegt, die zuerst in Venedig 1554 erschienen, aber
noch ganz in die Zeit vor Vasari gehören. Eines der Kapitel dieses
»goldenen Büchleins«, wie man es wohl genannt hat, schildert sein
bescheidenes künstlerisches Ambiente und gewährt einen der reizend-
sten Einblicke in das mit Kunstwerken gezierte Studio eines Renais-
sancegelehrten. Aus diesem Grunde mag er auch hier gleich nach
Michiel erwähnt werden. In Sabbas Besitz waren Werke von Künst-
lern, mit denen ihn wie mit manchen andern persönliche Freundschaft
verband, von Gio. Cristoforo Romano, Alfonso Lombardo, aber auch
Antiken und Waffen. Eine schon von ihm dem Donatello zugeschriebene
Knabenbüste befindet sich noch im Museum von Faenza. Vor allem
ist jedoch der Überblick wichtig und lehrreich, den er über das
Sammehvesen seiner Zeit gibt, mit manch singulärer Nachricht über
Künstler und Kunstwerke und mancher hübschen Anekdote. Für den
Mann der Hochrenaissance ist auch die wiederholt hervortretende
Vorliebe für Dürers Stiche sehr bezeichnend.

Das schon oben besprochene Gedicht des Lemaire leitet uns
schließlich zu einer anderen Art historischer Quellen, in der die Gestalt
der von ihm verherrlichten fürstlichen Frau bedeutend genug hervor-
tritt, den Kunstinventaren dieser Zeit, denen noch einige Worte
gewidmet sein mögen. Frankreich und die ihm eng verschwisterten
Niederlande behaupten hier durchaus ihren alten Vorrang, wie er
schon in den musterhaft angelegten Urkunden dieser Art im 14. Jahr-
hundert, vor allem den Inventaren des Herzogs von Berry (vgl. Buch I)
sich so auffallend offenbart. Nicht einmal die reichhaltigsten und
bedeutendsten der italienischen Inventare, die der mediceischen
Sammlungen, können sich an sachlicher Genauigkeit der Beschreibung
mit denen des Burgunder Schatzes messen. Tritt hier aber noch,
anders als bei Berry, der Charakter der mittelalterlichen Schatz-
kammer noch deutlich hervor, so geben uns die Inventare der Samm-
lungen Margaretens von Osterreich in Mecheln (1480—1530) das Bild
einer großen fürstlichen Amateursammlung jener Tage, in der aus-
gesprochen künstlerische Interessen vorherrschen. Als Tochter Kaiser
Maximilians und der Maria von Burgund vereinte sich ja in ihr das
Blut von zwei erlauchten Ahnenreihen, denen die nordländische Kunst
 
Annotationen