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Schlosser, Julius
"Stilgeschichte" und "Sprachgeschichte" der bildenden Kunst: ein Rückblick — München: Verl. der Bayer. Akad. d. Wiss., 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.45317#0041
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Über ,,Stilgeschichte“ und „Sprachgeschichte“ der bildenden Kunst 37
auf den nur Epigonentum und Niedergang folgen konnte, wie
einst bei Vasari, oder um einen Abschluß der „Entwicklung“ im
Höhepunkt der etä d’oro, Raffael, bei dem von Rumohrs Italie-
nischen Forschungen bis auf Crowe-Cavalcaselles Geschichte der
italienischen Malerei haltgemacht wurde. Immer dreht es sich
dabei um den Gedanken eines geradlinigen Fortschritts. Die sog.
Neugrammatiker haben dann das versteckte Werturteil elimi-
nieren wollen, dadurch, daß sie den „Sprachgebrauch“, den
„Usus“ im Sinne H. Pauls — samt den „Mundarten“ — in den
Mittelpunkt der Betrachtung setzten; auch das hat sich als ein
Irrweg erwiesen, als ein weiteres hoffnungsloses Herausstreben
aus dem inhärenten Wesen der „Institution“ in den Kreis histo-
risch-philosophischer Erkenntnis. Doch darüber muß man Voß-
lers Ausführungen nachlesen.
Die „historische“ Grammatik hat auch auf die sog. Kunstwis-
senschaft eingewirkt. In den letzten Jahren seines Lebens hat der
unermüdliche Sucher, der Alois Riegl war, ein Kolleg über histo-
rische Grammatik der Bildkunst gelesen, das nach den Erinne-
rungen derer, die es noch gehört haben, und wie man unbedenk-
lich glauben kann, höchst eindrucksvoll gewesen ist; es verlohnte
sich wohl -—- und tatsächlich besteht auch diese Absicht24 — das
nachgelassene, wie immer von Riegl sorgsam vorbereitete Kol-
legienheft zu veröffentlichen, wäre es auch nur darum, daß es
über seinen unablässigen geistigen Kampf wertvolle Aufschlüsse
geben möchte. „Historische Grammatik“ bezweckt dagegen
nicht, obwohl es zuweilen den Anschein haben könnte, H.Wölff-
lins oft mißverstandene „Kunstgeschichte ohne Namen“, wie sie
in seinem berühmt gewordenen Buche über die „kunstgeschicht-
lichen Grundbegriffe“ erscheint25; die darin (und sonst) vor-
getragene „Theorie der Sichtbarkeit“ hat Croce mit strengster
Kritik, wie sie eben nur einer ganz hochstehenden Leistung
gegenüber am Platz ist, bedacht.26 Wir befinden uns hier viel-
mehr schon auf dem Boden der Sprachgeschichte, ebenso wie
an so vielen Stellen in Riegls Lebenswerk, obwohl sie, von außen
angesehen, in die historische Grammatik einzugehen scheinen,
wohl auch von ihm selbst so intendiert waren.
 
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