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Grundlegung

werden. Wir brauchen sie immer in Wiederholung, um sie als künst-
lerische Einheit anzuerkennen: v oder v v. Daktylus und Ana-
päst kommen dagegen dem Anspruch schon dadurch näher, daß sich
die beiden Kürzen freier differenzieren können. Erhält eine von ihnen
den Nebenakzent, ist schon ein Wechsel möglich: / o oder < o v>
und K jl. oder Noch beweglicher wird das Verhältniß, wo
ein Vorschlag oder Nachklapp hinzutritt: u u u oder v sind
solche Bewegungsformen, deren eintönigste uns in der Wiederholung
des Amphibrachys oder Amphimacer erscheinen. Hier aber
beim letztgenannten sind bereits zwei Längen durch eine Kürze ver-
bunden, wie unsre wirklichen Füße mit ihrem Niedertritt auf den
Boden durch den Bewegungsschwung über dem Paar der Pendel.
Trennen wir jeden Schritt vom folgenden, ergibt sich die Reihe:
mit dem Doppelwert der fortleitenden Glieder: Rech-
ten— Linken, Linken — Rechten, Rechten—Linken. Dann ist schon
jeder Schritt ein Motiv, erst recht aber die natürliche Einheit des
Doppelschrittes, die wir im römischen Passus anerkannt fanden:
u u- _, Rechten, Linken, Rechten, also drei Elemente mit zwei
Bindegliedern dazwischen. Steigern wir den Gang zu hüpfendem
Aufschwung, so erhalten wir metrisch etwa daktylische oder ana-
pästische Reihen, deren Einheiten wir gewiß schon als Motiv in dem
Sinne anerkennen würden, als sie zugleich in ihrer Form den charak-
teristischenAusdruck ihres Beweggrundes vermitteln. Sowie solche
Bewegungsgruppen sich feiner unter einander differenzieren, wenn
also zur Wiederholung noch Abwandlung, Gegensatz, Steigerung
und andre Mittel der Abwechslung hinzutreten, so wird niemand an-
stehen, den ganzen Verlauf als eine Abfolge von Motiven aufzufassen..
Sie mögen durch ihre Verwandtschaft oder Verschiedenheit wieder
in größere Zusammenhänge eingehen, wie Aufstellung und Durch-
führung, Frage und Antwort, eingeschaltete Zwischenspiele, retar-
dierende Bestandteile zwischen den Trägern des Fortschritts, Aus-
breitung einer stark angeschlagenen Stimmung und dergleichen, di&
zu höheren Einheiten gedeihen. Eine naturkräftige Zusammenfassung
zur Einheit des Motivs im Bewegungsraum erkennen wir auch in
der Fensteröffnung mit ihrer zugehörigen Umgebung der Wandfläche..
Und zwischen Lichtgaden und Arkadenreihe begegnet uns auch in
der Pilastergliederung der Obermauer, die je ein Mittelfeld umrahmt,,
das selbst wieder durch bildlichen Inhalt gesteigert werden kann, ein
dekoratives Motiv im architektonischen Zusammenhang, wie noch
heute in S. M. Maggiore zu Rom.
 
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