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Schmotz, Karl; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Die vorgeschichtliche Besiedlung im Isarmündungsgebiet — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 58: Kallmünz/​Opf.: Verlag Michael Lassleben, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.73523#0064
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spielsweise beim besten Willen kein besserer Status
zukommen, wenn an der Oberfläche sichtbare Ver-
färbungen ohne ausreichende Befundsicherung ein-
fach angegraben wurden. Auch die um 1920 durch-
geführten Untersuchungen in der bekannten Station
von Zeholfing-Kothingeichendorf leiden erheblich
unter den damals angewandten Methoden.
Die hohe Zahl der durch Grabungen allein oder mit
anderen Auffindungsarten zusammen vor dem
Zweiten Weltkrieg erschlossenen Fundstellen soll
nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie durch insge-
samt sehr wenige Kampagnen bekannt wurden. Ne-
ben Kothingeichendorf sind hier die von J. Maurer
zwischen 1911 und 1920 für das Generalkonservato-
rium bzw. LfD. durchgeführten Untersuchungen in
und bei Haunersdorf mit dem Urnenfriedhof von
Arndorf (Haunersdorf 2) als wichtigstes Ergebnis zu
nennen sowie die ebenfalls durch Maurer im Raum
Wallersdorf von 1910 bis 1915 vorgenommenen Gra-
bungen. Mit einer Ausnahme (Grabung Neubauer
in Grabhügel Steinkirchen 9) wurden alle Unterneh-
mungen vor dem Krieg von amtlicher Seite vorge-
nommen, sehen wir einmal von der Grabung Neu-
bauers im Kastell Steinkirchen ab, wo als „Neben-
produkt" auch etwas Vorgeschichte abfiel.
Der größte Teil der Nachkriegsgrabungen trägt zur
Erforschung von Siedlungsstrukturen nicht viel bei.
Ausnahmen bilden hier die Untersuchungen in der
Chamer Befestigung Steinkirchen 2 und der hallstatt-
zeitlichen Grabenanlage von Natternberg 30. Das
erstgenannte Objekt ist aber bis heute noch nicht
publiziert, und die Dokumentation des zweiten weist
erhebliche Mängel auf. Eine von P. J. R. Modderman
in Otzing durchgeführte Plangrabung (1964), die der
Erforschung linearbandkeramischer Hausbauten
galt, mußte bald wieder eingestellt werden, da die
von mehreren Kulturgruppen genutzte Fläche unent-
wirrbare Befundhäufungen aufwies. Die übrigen Un-
ternehmungen besitzen den Charakter kurzfristiger
Notgrabungen oder mit unzureichender Genauigkeit
durchgeführter Plangrabungen (z. B. Autobahn im
Bereich der Gemarkung Natternberg). Hinzu kom-
men noch die auf dem Natternberg erfolgten Un-
tersuchungen, von denen leider nur Funde vor-
liegen, eine Befundsicherung aber weitgehend unter-
blieb.
Abschließend ist also festzustellen, daß die Fre-
quenz der an bereits bekannten oder unbekannten
Fundstellen durchgeführten Grabungen 1910 mit ei-
nem hohen Ausschlag einsetzt, bis in die Kriegsjahre
hinein auf Null abfällt und nach dem Krieg allmäh-
lich wieder ansteigt (Abb. 23). Die Qualität der
Grabungen ist — abgesehen von einem verschwin-
dend geringen Anteil — so ungenügend, daß zur

inneren Struktur einer Siedlung bzw. eines Friedho-
fes keine Angaben gemacht werden können.
Neben Grabungen bieten sogenannte geschlossene
Funde Gewähr für bessere Datierungs- und Ver-
gleichsmöglichkeiten. Komplette Grubeninhalte
sind am ehesten beim Grundaushub oder in Kies-
bzw. Lehmgruben zu beobachten. Dazu bedarf es
engagierter Mitarbeiter, die mit einer Ausnahme im
Untersuchungsgebiet aber weitgehend fehlten.
Doch auch die beste Überwachung durch ehrenamt-
liche Kräfte kann nur in günstigen Fällen geschlosse-
ne Funde liefern, da der Materialabbau ja ständig
fortschreitet und durch Wegbaggern bzw. Wandab-
bruch Siedlungsgruben zerstört und neue freigelegt
werden.
Die primär durch Bauarbeiten — gemeint sind hier
Tiefbaumaßnahmen — gewonnenen Fundstellen
(Abb. 25) erreichen zusammen mit den gut beobach-
teten Befunden beim Bau der Erdgasleitung 17,3%
der Gesamtfundstellen. Von den Vorkriegsbefun-
den sind leider nur wenige als geschlossen zu be-
trachten, und nach dem Krieg besitzen nur die Erd-
gasleitungsbefunde größeren Quellenwert. Die Vor-
kriegsbefunde stammen überwiegend vom Bau der
Anstalt in Mainkofen und den Hochwasserschutz-
bauten an der Donau. Bei den Funden aus Kies- und
Lehmgruben (Abb. 26) sind mit Ausnahme der Zeit
um 1930 nur geringe Schwankungen der Frequenz-
kurve zu beobachten. Die Kurve dürfte sich künftig
aber kaum mehr ändern, da nur noch wenige —
dafür aber größere - Kiesgruben in Betrieb sind.
Zusammenfassend ist also festzustellen, daß nur ein
kleiner Teil der aus Kies- oder Lehmgruben und bei
Tiefbaumaßnahmen geborgenen Funde wirklich ge-
schlossen ist. Das ist um so bedauerlicher, als fast



Abb. 26. Frequenz der Funde aus Kies- und Lehm-
gruben.

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